Damals

Die Hauptdarstellerin
Die Hauptdarstellerin

In der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts, 1949, fing es an. Mein Leben. Und das war gut so. Die Nachkriegsjahre bekam ich noch etwas mit, aber da ich mein Leben und das meiner Eltern nicht anders kannte, war das für mich ganz normal. Die ersten Jahre wußte ich noch nichts von der schlimmen Zeit davor. Noch in dieser Zeit bekamen meine Eltern, von einer besser situierten Nachbarin, gelegentlich einen Sack Kartoffeln oder einen Sack Briketts geschenkt. Meine Schwester Sigrid und ich bekamen von dieser netten Nachbarin jedes Jahr zu Weihnachten einen Schlafanzug oder Pantoffeln. Damals fanden wir das blöd. Aber inzwischen wissen wir es zu schätzen und auch, was es für meine Eltern bedeutete. Wir wohnten bis zu meinem 6. Lebensjahr in Osterforde, einem kleinen Dorf im Landkreis Friesland / Niedersachsen. Meine Mutter war zu Hause und kümmerte sich nur um „das bißchen Haushalt“ und um uns. Mein Vater fuhr jeden Tag ca. 4 km mit dem Fahrrad, einfache Strecke, bei Wind und Wetter, zur Arbeit. Ich wuchs die ersten Jahre mit ein paar Nachbarskindern und meinem Cousin auf, der im gleichen Haus wie wir wohnte. Wir spielten eigentlich das ganze Jahr draußen. Damals gab es noch richtige Winter mit Schnee und Eis und auch richtige Sommer. Es gab noch alle Jahreszeiten, so jedenfalls meine Erinnerungen.

 

Mit 6 Jahren wurde ich eingeschult. Kurz davor waren wir nach Bockhorn gezogen, 4 km von Osterforde entfernt, auch wieder nur ein kleines Dorf. Mein Vater konnte jetzt zu Fuß zur Arbeit gehen und auch meine Schule befand sich im gleichen Ort. In der Grundschule lernte ich meine erste Freundin kennen. Ingeborg. Wir gingen durch dick und dünn  und hingen immer zusammen. Meistens bei ihr zu Hause, denn da gab es unter anderem schon einen Fernseher. Wir machten aber auch zusammen Fahrrad-Touren durch Wald und Flur. Ab der fünften Klasse wechselten wir beide zur Realschule nach Zetel, ein weiterer kleiner Ort, der auch nur ca. 4 km von Bockhorn entfernt lag. Osterforde, Bockhorn, Zetel, alles nur kleine Dörfer. Die erste Großstadt, die ich kennenlernte, war Bremerhaven. Seitdem wußte ich: „Hier gehöre ich her, hier will ich hin!“ Meine Tante, eine Schwester von meinem Vater, mein Onkel und meine Cousine wohnten hier. Sie kamen uns öfter besuchen und brachten immer was Schönes mit. Von meiner Cousine Marlies-Andrea, sie wurde aber immer nur Marlies genannt, bekam ich stapelweise Mickey Mouse- und andere Comichefte und noch einiges mehr. Es war immer schön, wenn sie uns besuchten. Vor allen Dingen, weil ich, je älter ich wurde, mich immer mehr für Modernes interessierte. Und für mich war meine Tante Lenchen immer modern gekleidet, hatte immer schöne Haarschnitte und Frisuren, sowie immer rote Fingernägel. So etwas sah man hier in Bockhorn überhaupt nicht.

 

Die Skyline von Bremerhaven mit Autos
Die Skyline von Bremerhaven mit Autos

Meine ersten Großstadt- und Auslands-Erfahrungen

In den großen Schulferien nahmen sie mich sehr oft mit zu sich nach Bremerhaven. Das war für mich immer das Schönste und damals außerdem noch eine halbe Weltreise, obwohl es, glaube ich, nicht mehr als ca. 3 Std. Autofahrt gewesen sein können. Die Strecke ging durch Butjadingen, eine reine Bauerngegend. Wir sahen nichts anderes als Kühe und große Bauernhöfe. Um uns die Fahrzeit zu vertreiben, zählten Marlies und ich unterwegs die Kühe. Der eine rechts, der andere links. Aber auf der Strecke mußten wir auch noch die Weser mit einer Fähre überqueren. Also auch noch eine Schiffsreise. Wie spannend! Damals gab es noch nicht den Wesertunnel. Und auch die Straßen waren nur zweispurig. Aber es gab ja auch kaum Autos. Denn die ganze Gegend war in den 50iger und 60iger Jahren noch sehr unterentwickelt. Und dann kam Bremerhaven! Eine große, moderne Stadt mit vielen Autos. Das war meine Welt. Da die Schulferien im Land Bremen immer nach unseren Ferien anfingen, mußte ich mich vormittags, wenn Marlies noch Unterricht hatte, erst alleine beschäftigen. Aber das war für mich kein Problem. Marlies hatte nicht nur sehr viel Spielzeug, sie hatte auch einen sehr schönen Roller, mit dicken Gummirädern und einer Bremse. Mit diesem Roller machte ich jeden Vormittag die Stadt unsicher. Ich glaube es gab keine Straße, die ich nicht durchrollte. Auch den großen Stadtpark habe ich nicht ausgelassen. Dieser hatte für mich eine gefühlte Größe wie ganz Bockhorn. Mittags, wenn Marlies aus der Schule kam, gab es sehr oft die besten Pfannkuchen, die ihre Oma für uns zubereitet hatte. Nachmittags gingen wir ab und zu zum Weserdeich und in den Tierpark, oder wir fuhren auch mal mit dem Bus zu ihrem Wochenendhäuschen und verbrachten dort am Fluß und auf dem kleinen Grundstück ganze Tage. Das Häuschen war aus Holz mit einer schönen Veranda und lag völlig im Grünen. Ja, so verliefen meine Ferientage in Bremerhaven. Meine Lieblingsverwandten nahmen mich aber auch einige Male auf Reisen mit. Wir machten meistens Zelturlaub. Das erste Mal fuhren wir nach Dangast, nur ca. 15 km von Bockhorn entfernt. Dangast ist ein Badeort an der Südspitze des Jadebusens. Wir badeten viel im Meer, bis wir vorzeitig Hals über Kopf alles im Tempo zusammenpacken mußten und wieder abreisten. Das Wetter machte uns einen Strich durch die Rechnung/Ferien. Als ich 12 Jahre alt war, nahmen sie mich sogar mit nach Österreich/Kärnten. Ich sah zum ersten Mal Berge. Auf dem Großglockner staunte ich über Schnee im Sommer. Marlies und ich mussten natürlich eine Schneeballschlacht machen. Am Zielort hatten wir eine Ferienwohnung in Fußwegnähe vom Ossiachersee. In diesem See machte ich meine ersten Schwimmbewegungen, und am Ende der Reise konnte ich richtig schwimmen. Wir machten natürlich auch viele Autoausflüge, unter anderem nach Italien. Nach Tarvisio, ein kleiner Grenzort zwischen Österreich und Italien. Dort gab es einen Markt, auf dem ich eine rosa Mohairjacke sah, die mir sehr gut gefiel. Ich hatte aber nie Taschengeld, um mir mal etwas selber zu kaufen. Tante Lenchen kaufte diese Jacke dann heimlich und schenkte sie mir ein paar Tage später zu meinem Geburtstag. Das war eine unerwartete, tolle Überraschung. Wir fuhren zweimal nach Österreich. Danach fuhren wir noch zweimal nach Spanien. Das war für mich der Überhammer. Als ich von der Reise erfuhr, saß ich immer wieder vor der Landkarte, malte mir die Strecke aus und studierte Spanien. Nicht nur eine sehr weite Strecke, auch ein fremdes und sehr großes Land mit auch noch einer anderen Sprache. Wir fuhren ca. drei Tage. Damals gab es noch keine durchgehende Autobahn. Kurz hinter Barcelona, an der Costa Brava, fanden wir einen sehr schönen Campingplatz in einem Pinienwald. Den Geruch der Pinien habe ich heute noch in der Nase. Dieser ging bis zu dem breiten, weißen Sandstrand, und dann kam das Mittelmeer. Nicht ganz vergleichbar mit der Weser, welche für mich bisher das größte Gewässer war und natürlich der Jadebusen bei Dangast. Der war ein Teil der Nordsee und war sehr stark von Ebbe und Flut geprägt. Aber so etwas wie das Mittelmeer, hatte ich noch nie gesehen. Es war wunderschön. Außerdem verbesserte sich durch das Klima sogar meine Haut, denn ich hatte schon als Kind immer Hautprobleme, die bis heute stellenweise immer mal wieder auftreten. Von unserem Camping Platz an der Costa Brava machten wir verschiedene Ausflüge. Nach Barcelona, Tarragona und nach Castelldefels. Mit meinen 14 Jahren hatte ich für meine Verhältnisse und für damalige Zeit schon recht viel gesehen, dank meiner Tante und meinem Onkel.

 

Meine Jugend
Mit 13 und 14 Jahren besuchte ich die 7. Klasse. Ein Jahr in Aurich, tiefstes Ostfriesland. Weil mir das 7. Jahr so gut gefiel, wiederholte ich diese Klasse, als wir endlich wieder nach Bockhorn zurückzogen, in Zetel gleich nochmal. Meine Eltern hatten nämlich die grandiose Idee gehabt, wegen der beruflichen Veränderung meines Vaters, nach Aurich zu ziehen. Aurich, die Hauptstadt von Ostfriesland. Ich war anfänglich sehr begeistert, denn es war auf jeden Fall eine große Stadt, für meine Begriffe, und kein Dorf wie Bockhorn. Also freute ich mich auf unseren Umzug. In der neuen Schule allerdings verpaßte ich den Anschluß. Man war hier viel weiter. In den Schulpausen merkte ich zudem noch, daß ich hier noch viel weiter aufs Land gerückt war, als ich es mir je erträumt hatte. Die meisten meiner Mitschüler/innen waren auf großen Bauernhöfen zu Hause mit viel Land und Vieh. Sie sprachen eine Fremdsprache, die ich noch nie gehört hatte. Ostfriesich. Grausam. Ich wollte und konnte sie auch nicht lernen. Sie ist genauso viel einsetzbar wie das Valenciano. Das wußte ich damals allerdings noch nicht. Die Jungen und Mädchen aus meiner Klasse wollten mich in ihre Clique auch nicht reinlassen, denn ich konnte ja sowieso nicht mitreden. Außer Meta. Wir hatten übrigens 3 Metas in der Klasse, ein Name, den ich vorher nur bei sehr alten Leuten gehört hatte und das sehr selten. Aber diese eine Meta wollte mich zur Freundin haben, sie gab sich sogar Mühe, meine Sprache zu sprechen. Einmal lud sie mich zu sich nach Hause ein. Sie präsentierte mir ganz stolz, aber ohne Überheblichkeit, ihren Bauernhof und zeigte mir alle Ihre Tiere. Sehr viele Kühe und Schweine. Das war was für mich, wo ich mich doch als Stadtmensch fühlte und mit genau diesen Tieren nichts, aber auch gar nichts, am Hut hatte. Sie bot mir sogar aus einer Karaffe frisch gemolkene, noch warme, Milch an. Da mußte ich aber passen. Ansonsten habe ich mir nicht anmerken lassen, dass es nicht meine Welt war, denn Meta war wirklich schwer in Ordnung. Heute mag ich übrigens nicht nur Hunde und Katzen, sondern alle Tiere und dazu gehören sogar Schweine und Kühe. Bin zwar immer noch kein Vegetarier, aber mein Fleischkonsum hat sich die letzten Jahre sehr verringert. Auch mit Elke hatte ich mich in diesem Jahr etwas angefreundet. Sie konnte mit ostfriesisch genauso wenig anfangen wie ich. Ihre Familie wohnte in Sandhorst, bei Aurich. Es waren auch keine Ostfriesen. Ihr Vater war Soldat bei der Bundeswehr, der dorthin versetzt worden war. Obwohl ich mittlerweile zwei neue Freundinnen hatte, war ich heilfroh, dass sich meine Eltern entschieden, Aurich wieder den Rücken zu kehren. Denn sie kamen mit den Leuten hier auch nicht zurecht. Mein Vater fing wieder in Bockhorn bei seiner alten Stelle an, ich wiederholte die 7. Klasse, und alles war wieder beim Alten. Nur mit Ingeborg hatte ich nicht mehr soviel Kontakt. Sie hatte mittlerweile eine neue Freundin, die mehr auf ihrer Wellenlänge schwamm. Sie gingen abends in die Discothek, trafen sich mit Jungens, hörten Beatles und Rolling Stone Musik und durften auch abends lange ausbleiben. Alles das durfte ich nicht. Das letzte mal, dass ich Ingeborg privat traf, war auf ihrem Geburtstag. Sie hatte natürlich auch Jungens eingeladen. Danach hatten mir meine Eltern den Umgang mit Ingeborg regelrecht verboten. Von anderen Klassenkameraden wurde ich ab jetzt auch immer mehr ausgegrenzt. Alle anderen feierten öfters Parties und gingen zusammen aus. Ich durfte nichts, gar nichts. Bisher war eigentlich zu Hause fast alles in Ordnung, doch jetzt, wo ich langsam erwachsener wurde, hielten mich meine Eltern an der Leine. Aber nicht an der langen. Je älter ich wurde, wurde diese immer kürzer. Ich machte meine Schule erstmal zu Ende. Ingeborg verließ die Realschule leider schon nach der 8. Klasse. Was ich für sie sehr schade fand, denn sie gehörte immer mit zu den Besten. Später erfuhr ich, daß sie kurz danach schwanger wurde und auch gleich darauf geheiratet hatte.

 

Ich 1969
Ich 1969

Meine Lehrzeit
1966 fing ich meine Lehre an. Als Bankkaufmann. Bei der Sparkasse in Bockhorn. Diese befand sich im gleichen Haus, in dem wir wohnten. Wie praktisch. Hatte mein Vater so eingefädelt. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich gerne was kreatives gelernt, wie zum Beispiel Dekorateur. Das redete mir mein Vater aber gleich aus, denn das konnte ich nicht in Bockhorn lernen, wo er mich unter Kontrolle hatte, außerdem hatte man als Bankkaufmann gleich von Anfang an ein besseres Gehalt. Das stimmte allerdings. Trotzdem war ich zu Anfang sauer, daß ich immer noch das machen mußte, was er wollte. Und ausgehen durfte ich auch noch nicht, und wenn, dann nur zum Nachmittags Tanz, der einmal die Woche von der Kirche organisiert wurde und abends um 7:00 Uhr zu Ende war. Dann standen meine Eltern schon vor der Tür, um mich abzuholen. Welch eine Blamage. Kurz vor Ende meiner  Lehrzeit zogen meine Eltern mal wieder um. Ich mußte natürlich noch mit, denn ich war noch keine 21. Damals wurde man erst mit 21 erwachsen und das nahmen sie sehr ernst. Solange ich meine Füße unter ihren Tisch hatte ...., und: es wird gegessen, was auf den Tisch kommt!!! Auch Petersilie, die ist sehr gesund!!! Übliche Sprüche von meinem Vater. Petersilie mag ich übrigens bis heute nicht. Zum Glück zogen sie nach Wilhelmshaven und ich sah für meine Zukunft, wenn ich dann endlich 21 bin, in dieser Stadt, mehr Chancen. Ich war übrigens mittlerweile sehr glücklich mit „meiner“ Berufswahl. Ich verdiente wirklich von Anfang an sehr gut und was das allerschönste war, die Arbeit machte mir auch noch sehr viel Spaß. Auch mit den Kollegen verstand ich mich sehr gut und es machte mir jeden Tag Spaß zur Arbeit zu gehen. Und außerdem war es wirklich praktisch aus der einen Haustür raus und gleich in die nächste wieder rein zu gehen. Mein Vater hatte also nicht alles falsch gemacht. Trotzdem freute ich mich schon auf meine neue Stelle bei der Sparkasse in Wilhelmshaven, die ich mir alleine gesucht hatte. Die Zügel wurden von zu Hause zwar immer noch nicht gelockert, aber ich verdiente schon mal mein eigenes Geld. Mußte aber, genau wie auch schon während meiner Lehrzeit, ca. 80 – 90% davon als Haushaltsgeld abgeben. Ich wohnte ja nicht erst jetzt bei meinen Eltern, nein, sie hatten auch vorher die ganzen Jahre alles für mich getan und bezahlt, wie mein Vater diese hohe Abgabe begründete. Ausziehen durfte ich aber nicht. Ich hatte zwar sehr oft daran gedacht, hätte aber auch nicht so richtig gewußt, wie ich das machen sollte, denn ich hatte keinerlei Erfahrung, in nichts. Konnte weder kochen noch Wäsche waschen und bügeln. Ich hätte völlig neu und total unerfahren vor allem davor gestanden, denn zu Hause durfte ich im Haushalt nichts machen, nicht einmal helfen. Ich hatte nur meinen Beruf und da war ich inzwischen auch sehr stolz drauf.

 

In Wilhelmshaven
So, jetzt arbeitete ich also als fertig gelernte Bankkauffrau. Ja, jetzt hieß es schon Kauffrau, nicht mehr Kaufmann. Bei der Sparkasse in Wilhelmshaven. Wir schrieben inzwischen das Jahr 1970. Hier lernte ich meinen jetzigen Mann, Harald, kennen, der auch bei der Sparkasse arbeitete. Also, erstmal habe ich ihn getroffen, dass es bis zur Heirat ging, hatte ich damals noch nicht geahnt, nicht einmal daran gedacht. Denn solche Gedanken kannte ich bis dahin noch nicht. Aber es kam, wie es kommen mußte. 1971 Verlobung, 1973 Hochzeit. Am 1. August 1970 wurde ich übrigens endlich 21 Jahre alt. Im folgenden Jahr merkten wir schon, dass es ernst wurde mit uns beiden, und wir suchten uns gemeinsam eine kleine Wohnung, mit Klo jenseits des Ganges. Das gab es damals noch sehr oft. Bei meinen Eltern wollte ich verständlicher Weise nicht mehr wohnen, ich konnte mein Geld nämlich selber ganz gut gebrauchen, und Bevormundungen brauchte ich auch nicht mehr. Freiheiten hatte ich aber inzwischen bei ihnen, denn ich konnte tun und lassen was ich wollte, ich war ja 21, und damit erwachsen, bis auf, dass sie mich ausnahmen, wie eine Weihnachtsgans. Aber das war mit der eigenen Wohnung jetzt vorbei. Ich fühlte mich bei meiner neuen Arbeitsstelle, der eigenen Wohnung und auch in Wilhelmshaven richtig wohl, außerdem hatte ich Harald, meinen Zukünftigen, bereits an meiner Seite, und die kleine Wohnung hatte mich mit meiner neuen Selbstständigkeit auch nicht überfordert.

 

Mit dem Jaunting Car zu den Muckross Gardens
Mit dem Jaunting Car zu den Muckross Gardens

Irland 1971
Kurz nach unserer Verlobung machten wir unseren ersten gemeinsamen Urlaub. Wir reisten nach Irland. Außer den beiden Schiffspassagen, hin und zurück, hatten wir nichts gebucht. Wir wußten ja auch noch nicht, wo genau wir in Irland landen würden. Unser ungefähres Ziel suchten wir uns mit dem Finger auf der Landkarte aus. Aber wir wußten, dass wir an die Küste wollten. Wir entschieden uns für den äußersten Südwesten, dieser Teil wirkte auf der Karte am meisten zerklüftet. Da mußte es schön sein. War es auch. Nur, dass auf der Karte nicht dabei stand, dass diese Gegend absolut keine Touristengegend war. Damals jedenfalls nicht.

Wir bestiegen in Bremerhaven die Fähre, „Prins Oberon“, nach Harwich. Von dort fuhren wir mit dem Zug nach London, um dort in einer Bed and Breakfast- Pension zu übernachten. Am nächsten Morgen ging es weiter nach Swansea, an die Westküste Englands. Von Swansea aus nochmal eine ganze Nacht mit der Fähre, der „Innesfallen“, nach Cork, Irland. Die Innesfallen war mit der Prins Oberon nicht zu vergleichen, obwohl beide auf der gleichen Werft gebaut waren. Die Oberon war neu, modern und sehr sauber während die irische Fähre äußerst ungepflegt und sogar dreckig war. Selbst die Uniformen der Offiziere waren fleckig. Wir fuhren die ganze Nacht durch. Als wir morgens in Cork von Bord gingen, suchten wir als erstes eine Autovermietung, denn ab hier sollte unsere Reise unabhängig mit einem Mietwagen weitergehen. Hatten wir uns so vorgestellt. Wir wanderten von Vermietungsbüro zu Vermietungsbüro, um überall das gleiche zu hören. Wir bekamen nämlich nirgendwo ein Auto. Harald hatte zwar einen Führerschein, war aber erst 20, ich war 21, hatte aber keinen Führerschein. Der hätte bei mir aber auch noch nichts geholfen, denn man mußte mindestens 25 Jahre alt sein. Hm. Das fing ja gut an. Was nun. Blieb nur der Zug übrig, der uns erstmal quer durch Irland, an „unsere“ ausgesuchte Südwestküste brachte. Wir fuhren erstmal bis nach Tralee. Das, was wir in dieser Stadt und auch bisher auf der Reise durch Irland gesehen hatten, war noch nicht sehr erbaulich. Es wirkte sehr arm und ungepflegt. In Tralee sah ich an den Nylonstrümpfen der Mädchen und Frauen so viele Laufmaschen, wie noch nie in meinem Leben. Nachdem wir durch einige Straßen, dieser nicht sehr schönen Stadt, liefen, immer noch mit unseren riesigen Koffern in der Hand, die damals noch nicht auf Rollen liefen und die eigentlich schon im Kofferraum eines Mietwagens liegen sollten, kehrten wir gegen Mittag ins Slievemish Guesthouse, ein. Der Laden war voll, da steppte der Bär. Wir stärkten uns dort, kamen aber auch mit einigen irischen Urtypen ins Gespräch. Sie waren sehr nett, wunderten sich aber, was uns hier, „mit den Koffern in der Hand“ hergeführt hatte. Als sie von uns erfuhren, dass wir noch nicht am Ende unserer Reise waren, und sogar noch weiter bis nach Killcummin wollten, wunderten sie sich noch mehr. Sie hatten versucht, uns das auszureden, wir sollten doch lieber hier bleiben. Dort gäbe es sowieso nichts. Wir blieben hartnäckig, wir wollten jetzt nach Killcummin. Das war unsere auserkorene Ecke und da mußte es auch was geben. Wir blieben für heute aber erst mal  im Slievemish Guesthouse und fuhren erst am 2. Tag mit dem Bus weiter bis nach Castlegregory. Da war dann aber endgültig Endstation. Kein Bus, kein Zug mehr. Auf der Strecke merkten wir schon, daß es keine Ortschaften mehr gab und auch sonst nichts, außer Landschaft, die, wie erwartet, sehr schön war. Und jetzt? Hier tobte nicht mehr der Bär. Hier gabs nicht mal etwas, wo der Bär hätte toben können. Egal, wir hatten uns ein Ziel gesetzt und da wollten wir jetzt hin. Das letzte Stück von Castlegregory nach Killcummin fuhren wir mit dem Taxi. Der Taxifahrer war ebenso erstaunt wie schon die Gäste im Slievemish Guesthouse, als er hörte, dass wir da hin wollten. In Killcummin angekommen, was wahrscheinlich nur aus dem Ortsschild bestand, ließ uns der Taxifahrer  bei dem einzigen Haus raus, was wir sahen. In diesem Haus wohnte Mary, die Zimmer vermietete, wohl nur an durchreisende Gäste. Wir gingen erstmal rein und wurden freundlich begrüßt. Aber schon wieder trafen wir auf einen total erstaunten Menschen, auf Mary, als sie von uns erfuhr, dass wir erstmal ein bis zwei Wochen bleiben wollten. Dauergäste hat sie in ihrer Zeit wohl noch nicht erlebt. Aber höflich wie sie war, fragte sie uns auch, ob wir bei ihr essen wollten. Wir mußten vorsichtshalber ja sagen, denn nach Restaurants oder Gaststätten sah diese Gegend nicht aus. So entschieden wir uns für Bed and Breakfast and Dinner. Einerseits war das gut, denn draußen gab es wirklich nichts, andererseits waren Mary`s Kochkünste nicht sehr abwechslungsreich. Jeden 2. Tag gab es Hammelfleisch mit großen Landkartoffeln und grob gehacktem Gemüse, Mangold. Die Tage dazwischen gab es grob gehacktes Mangold mit Kartoffeln und Hammelfleisch. Die einzige Abwechslung lag darin, dass sich ab und zu mal das Gemüse wechselte und das Hammelfleisch mal gut und mal weniger gut war. Aber so schnell gaben wir nicht auf. Die ersten Tage entdeckten wir erst mal zu Fuß die Gegend, gingen zum Strand und ans Meer. Es war ein sehr breiter, weißer Sandstrand mit Dünen. Allerdings lud der Strand und das Meer nicht zum Baden ein, denn es lagen sehr viele tote Krebse und anderes Kleingetier sowie auch anderer Müll rum. Die Temperaturen ließen auch noch zu wünschen übrig, obwohl wir schon Ende Mai hatten und außerdem unser Reiseführer uns Mediterranes Klima versprochen hatte. Für die Vegetation war es auch mediterran, aber für uns nicht. Nachdem es für uns zu Fuß nichts mehr zu entdecken gab, blieb uns nichts anderes übrig, als die Republik Irland per Anhalter zu entdecken. Aber vorher hatten wir noch das Glück, in unserer Pension ein englisches Paar mit Auto kennenzulernen. Dieses Paar hatte sich für ein paar Tage bei Mary einquartiert und wollte von hier aus die Gegend erkunden. Das wollten wir auch, hatten aber ja kein Auto. Dieses Paar hatte uns für einen Tag eingeladen mit denen nach Dingle zu fahren. Dingle war damals ein kleiner Fischerort und hatte viele bunt angestrichene Häuser. Ein sehr malerischer und netter Ort. Auf der Strecke dahin sahen wir so gut wie nix, denn wir fuhren durch dicksten Nebel. Wir merkten, daß die Strecke sehr kurvenreich und schmal war und der Fahrer nicht mehr der jüngste. Das gab seine Frau ihm auch des öfteren zu verstehen und bemängelte immer wieder seine Fahrweise. Wir waren froh, als wir wohlbehalten in Dingle ankamen und der Nebel auch vorüber war. An die Rückfahrt kann ich mich nicht mehr erinnern. Aber wir landeten wieder bei Mary. Unsere folgenden Anhalter-Fahrten gestalteten sich sehr interessant. Sie waren von lustig bis informativ, sowie auch manchmal beängstigend. Unter lustig fiel z. B. eine Tour mit einem alten Amerikaner, der uns unbedingt mitnehmen wollte, aber dreimal an uns vorbei fuhr. Beim 3. Mal sagten wir uns dann, den kennen wir schon und brauchen ihn auch nicht mehr an zu halten, der läßt uns sowieso wieder stehen. Als er danach von selber anhielt und wir einsteigen durften, entschuldigte er sich erst und erklärte uns dann warum er 3mal an uns vorbei gefahren war. Der Grund war eigentlich ganz einfach, aber auch etwas beunruhigend. Er, als Amerikaner kam mit der Handschaltung nicht klar und das auch noch auf der falschen Seite. Deshalb wußte er nicht, wie er den Mietwagen zum stehen bekam, außerdem war er schon recht alt. Wir dachten natürlich gleich an die Mietbedingungen, d. h. junge Leute mußten wohl erst alt werden, bis man ihnen ein Auto vermietet. Von zwei Nonnen wurden wir auch einmal mitgenommen. Die Fahrerin hatte ein atemberaubendes Tempo drauf. Sie waren beide sehr fröhlich und unterhielten sich lebhaft. Vom Gas ging sie so gut wie nie runter, nichtmal in Kurven oder beim abwärtsfahren. Von ihren abenteuerlichen Überholmanövern ganz zu schweigen. Als wir das Thema Geschwindigkeit ansprachen, sagten sie nur: wir fahren mit Gott, da wird schon nichts schiefgehen, lachten und scherzten weiter, ohne das Tempo zu verlangsamen. Außerdem fahren sie immer so und wir sollten keine Angst haben. Wir saßen hinten und hielten die ganze Zeit die Luft an, bis wir uns vorzeitig entschieden, lieber auszusteigen. Ein anderer Fahrer, diesmal wieder ein vernünftiger, machte für uns extra einen Umweg, um uns einen berühmten Hügel zu zeigen, auf dem vor ca. 300 Jahren Engländer und Iren gegeneinander gekämpft hatten. Als er merkte, daß Harald ein sehr gutes Englisch sprach, und er ihn deswegen sogar für einen Engländer hielt, erzählte er uns auf der ganzen Strecke, bis wir wieder ausstiegen, über die englisch-irische Geschichte. Ich verstand leider nur die Hälfte, denn mein Englisch hielt sich noch in Grenzen. Ein anderes mal nahm uns ein kleines, altes Auto mit, was bereits hoffnungslos überfüllt war. Aber weil es cats and dogs geregnet hatte, wollten die jungen Leute uns nicht im Regen stehen lassen. Sie hielten freundlicherweise trotzdem an und wir quetschten uns mit samt unserem großen und klitschnassen Gepäck irgendwie noch rein. Daß wir auch patschnass waren, versteht sich in diesem Fall von selber. Obwohl die Fahrt sehr unbequem war, waren wir froh, dass wir jetzt wenigstens im Trockenen saßen und auch gleichzeitig noch weiterkamen. Fazit aller PerAnhalterFahrten: trotz einiger Anspannungen und Aufregungen hat es viel Spaß gemacht. Wir haben Leute kennengelernt und wir haben auch noch viel gesehen. Wir waren unter anderem in Waterford und Limerick, nur Dublin war uns nicht vergönnt. Wir hatten stundenlang an einer Kreuzung in Richtung Dublin gestanden, aber keiner wollte uns mitnehmen. Als wir uns umstellten, in Richtung Limerick, ging es relativ schnell, dass einer anhielt. Diese Stadt war zwar nicht mit Dublin vergleichbar, aber es sollte wohl nicht sein, dass wir auf dieser Reise auch noch die Hauptstadt kennenlernten. Man kann ja auch nicht alles haben. Als wir wieder zu Hause in Wilhelmshaven waren, machte ich übrigens gleich meinen Führerschein. Mein Verlobter hatte damals einen VW Käfer, mit dem ich nach Erhalt des Führerscheins meine ersten Runden durch Wilhelmshaven drehte.

Wir reisten fast 20 Jahre danach übrigens noch einmal nach Irland. Dieses Mal aber mit dem Flugzeug von München über Frankfurt nach Dublin. Dort blieben wir ein paar Tage und fuhren von da aus mit einem Leihwagen in Richtung Südwesten und besuchten die Städte und Gegenden, die wir früher mit Bahn, Bus, Taxi und vor allen Dingen per Anhalter bereisten. Der Start mit dem Leihwagen führte uns natürlich gewohnheitsgemäß erstmal auf die falsche Straßenseite. Und das in Dublin. Ist aber zum Glück noch nichts passiert. Harald hat sich dann sehr schnell an die Rechtssteuerung und den Linksverkehr gewöhnt. Auch ich, als Beifahrerin mußte mich umstellen, denn beim Einsteigen ins Auto mußte ich immer auf die „falsche“ Seite. In diesen 20 Jahren hatte sich in Irland sehr viel geändert. Zum Positiven. Es war viel sauberer, moderner und lange nicht mehr so ärmlich. Laufmaschen sah ich auch nicht mehr. Die Frauen waren adrett und modern gekleidet. Dieses Mal übernachteten wir in Hotels und gingen auch in richtige Restaurants und haben dort sogar einigermaßen gut gegessen aber keinen Hammel mit Mangold. Wir und auch unser Geldbeutel, hatten uns nämlich auch um 20 Jahre weiter entwickelt. Beide Reisen waren zwar sehr unterschiedlich, aber trotzdem waren beide sehr schön und interessant.

 

Das Ehepaar Wolff am 21. April 1973
Das Ehepaar Wolff am 21. April 1973

Heirat und Neustart in München
Als ich 1973 heiratete, wurde mein Mann kurz danach zur Bundeswehr eingezogen. Da er sich nach langen Diskussionen mit mir dann doch für die Luftwaffe entschied und die Marine abhakte, spielte sich seine ganze Ausbildung zum Offizier in Süddeutschland ab. Nach seiner Grundausbildung in Roth bei Nürnberg kam er nach Neubiberg bei München. München! Eine richtige Stadt, sogar eine Millionenstadt. Das war mein Traum. Da zu wohnen, zu arbeiten und zu leben, das mußte traumhaft sein. Und das war es. Mein Mann kaufte mehrmals in Roth die Süddeutsche Zeitung und studierte den Immobilienteil. Ich besorgte mir gleichzeitig am Bahnhofskiosk in Wilhelmshaven die Süddeutsche Zeitung und stöberte die Stellenanzeigen in München durch. Beide wurden wir fündig. Er fand ein möbliertes Einzimmerapartment im Souterrain mit Gemeinschaftsküche und -bad, in Neuaubing, einem Stadtteil im Westen von München. Ich schrieb drei Bewerbungen. An Siemens, an die Bank of America (BoA) und an eine andere Privatfirma. Von allen drei Firmen bekam ich Antworten, daß sie mich zu einem Bewerbungsgespräch einladen. Reisekosten würden sie übernehmen. Das waren doch schon mal gute Aussichten. Also machte ich Termine und saß schon fast im Zug. Ich, im Zug von Wilhelmshaven nach München! Das war meine erste große Zugreise mit so einer  Entfernung. Aufregung und Anspannung pur. Und wie würde ich mich in der Millionenstadt zurecht finden? Ich, immer noch als bisher unselbstständige und unerfahrene Dorfpomeranze. Ich kam also in München am Hauptbahnhof an. Wow, war das ein Bahnhof. Ein Bahnhof mit 28 Gleisen. Wilhelmshaven und Oldenburg hatten nur 2 Gleise und selbst Hannover, die Hauptstadt von Niedersachsen, hatte nicht viel mehr. Außerdem die vielen Menschen. Nun gut. Ich orientierte mich erstmal. Den 1. Termin hatte ich mit der BoA gemacht, weil diese unter anderem auch am zentralsten lag. Trotzdem war es zum Laufen zu weit, also nahm ich die U-bahn. Ich hätte auch ein Taxi nehmen können, aber das konnte ja jeder. Ich fand also nicht nur die richtige Linie, sondern auch das richtige Untergeschoss und das richtige Gleis. Auch das war für mich nicht so einfach, denn es gab mehrere Untergeschosse und jedes hatte bis zu 4 Gleise. Fand es aber und bin dann sogar noch an der richtigen Haltestelle ausgestiegen. Als ich in der Ludwigstraße, in der sich die BoA befand, ausstieg, war ich schon wieder an einem großen Bahnhof im Untergeschoss mit mehreren Ausgängen. Ich holte wieder tief Luft. Aber, auch dieses meisterte ich, nach ca.15-20 Minuten Fußweg stand ich vor den Türen der BoA. Das hatte ich schon mal geschafft. Puh! Ich klopfte mir selber auf die Schulter, denn sonst war ja keiner da. Und überhaupt, es wußte ja auch keiner so gut zu schätzen wie ich, was ich bis hier geleistet hatte. Wie gesagt: Ich kam immer noch vom Dorf. Jetzt mußte nur noch das Bewerbungsgespräch gut verlaufen. Und? Was soll ich sagen? Es verlief gut. Bestens sogar. Am Ende des Gesprächs bekam ich von der Bank eine Zusage, daß ich am 1. August 1973 anfangen konnte. Ich konnte mein Glück gar nicht fassen. Ich, als Bankkauffrau, bei der größten Bank der Welt, in der Zweigstelle in München. Von der nächsten Telephonzelle rief ich Harald an, Mobiltelefon gab es noch nicht, um von meinem Erfolg zu berichten. Am nächsten Tag kam er mit seinem Auto von Roth nach München, damit wir uns gemeinsam das Apartment in Neuaubing anguckten. Auch das hatte super geklappt. Die Vermieter waren nett und ich konnte zum 1. August einziehen. Ich hatte also eine Unterkunft und einen neuen Job in der Millionenstadt München. Die anderen beiden Jobangebote sagte ich noch am gleichen Tag telefonisch ab. Ich wohnte in dieser Unterkunft noch ein gutes Vierteljahr, bis Harald nach München versetzt wurde, und wir eine sehr schöne Wohnung von der Bundeswehr in Unterhaching, Fasanenpark bekamen. Im 7. Stock eines Hochhauses. Ich liebte Hochhäuser und für mich galten damals schon 7 Stockwerke als Hochhäuser. Von der Einzimmerwohnung und auch von der neuen gemeinsamen Wohnung mußte ich verschiedene Strecken mit der S-Bahn quer durch die Stadt fahren, um in die Innenstadt und ins Büro zu gelangen. Ich kannte mich immer besser aus in München, vor allen Dingen auch, was das öffentliche Verkehrsnetz betraf. Meine neue Arbeit machte mir auch wieder Spaß, und das Arbeitsklima war auch sehr gut. Was wollte ich mehr. Ich wurde immer erwachsener und lernte immer mehr dazu. Mein Neustart war voll gelungen.

 

30 Jahre München
Die nächsten Jahre lebte und arbeitete ich weiter in München und die nächsten Jahre auch, und die nächsten Jahre und die nächsten Jahre und und und ....... Es wurden insgesamt fast 30 Jahre, bis wieder eine Veränderung anstand. In diesen 30 Jahren lernten wir nicht nur ganz Bayern kennen sondern machten auch viele Reisen durch ganz Europa. Wir machten ab und zu Wanderungen durch die Berge, im Winter lernten wir sogar Ski fahren. Eine tolle Zeit. Unsere ersten Europareisen fingen mit einem Zelt an, bis wir danach uns erst ein Wohnmobil mieteten und bereits im nächsten Urlaub uns einen Wohnwagen zulegten. Für Städtereisen und Kurzurlaube gingen wir weiterhin ins Hotel. Egal welche Reise es war, sie waren alle schön. Ab 1986 reisten wir mit unserem Hund Willi. Er war auch der Grund fürs Wohnmobil und für den Wohnwagen. Die Reisen mit ihm waren noch schöner, wir lernten durch ihn sehr viele nette Menschen kennen und das nicht nur Hundebesitzer. Außer den verschiedenen Reisen entdeckte ich in München aber auch die Volkshochschule. Die boten jedes Jahr die verschiedensten Kurse an, von denen mich einige interessierten. Ich machte einige Sprachkurse, sowie auch einen Flamenco Kursus mit.

 

Willi
Willi

Willi
Wie im vorigen Absatz bereits gesagt, hatten wir seit 1986 einen Hund. Unseren vierbeinigen Willi holten wir aus dem Tierheim München. Die Idee, uns einen Hund anzuschaffen, stammte übrigens von Harald. Er wollte einen Bürokollegen, denn er hatte sein Büro zu Hause und arbeitete alleine, während ich den ganzen Tag außerhalb arbeitete. Ich war entsetzt, als er mir seine Idee präsentierte. Ich, die immer Angst vor Hunden hatte und sogar die Straßenseite wechselte, wenn ich schon in der Ferne so ein Tier sah, sollte jetzt mit „so etwas“ unter einem Dach leben. Meine Eltern hatten auch zum Thema Tierhaltung ganze Arbeit geleistet, um mir einzutrichtern, dass Hunde nicht nur beißen, sondern auch noch dreckig sind, Ungeziefer mit sich tragen und deswegen auch noch Krankheiten übertragen und außerdem, dass sie stinken. Tja, so dachte ich dann also auch. Ich weiß bis heute nicht, von welchen Tieren sie sprachen. Jedenfalls überzeugte Harald mich tatsächlich, daß es nicht so war, und nach kurzer Zeit hatten wir ein neues Familienmitglied. Bevor er bei uns einzog, setzte ich aber noch einige Bedingungen. Er sollte weder Küche, Bad noch Schlafzimmer betreten dürfen. Außerdem vereinbarten wir, wenn er mir nicht gefällt oder er was anstellt, bringen wir ihn sofort ins Tierheim zurück. An seinem Ankunftstag in unserem Haushalt, wir wohnten inzwischen in einem gemieteten Haus mit Garten, sollte Harald das „Tier“ erstmal an der kurzen Leine zurückhalten, wenn ich von der Arbeit nach Hause komme. Ich kam, ich sah - ihn, er siegte. Nein, noch nicht. Erstmal standen wir uns, mit gebührendem Abstand gegenüber. Aber was ich da sah, war kein Hund. Er war weder schwarz noch weiß, er war schwarz-weiß gecheckt. Ich hatte was schwarzes oder weißes erwartet, so etwas wie dieses hatte ich vorher noch nicht gesehen. Das war das mit der Farbe. Aber wie wir beide uns im Flur gegenüber standen. Er gespannt, auf das, was da jetzt wohl kommt und ich leicht ängstlich. Trotzdem ging ich langsam einen Schritt auf ihn zu, er legte seinen Kopf etwas schief, was ganz süß aussah. Ich ging einen Schritt weiter und streichelte ihn dann sogar, aber ganz vorsichtig. Das war also meine erste Begegnung mit unserem neuen Hund. Bei unseren ersten Hundespaziergängen, die wir natürlich noch gemeinsam machten, war er ganz aufgeregt, aber ich auch. Aber schon nach ein paar Tagen merkte ich, was für ein toller Kerl er war. Wir verstanden uns eigentlich von Anfang an sehr gut. Wie konnte ich nur sagen: „Wir bringen ihn sofort ins Tierheim zurück, wenn .....“. Ein Hund gehört nie ins Tierheim und unser Willi gleich 3mal nicht, soweit war ich also schon, und er durfte natürlich auch bereits nach wenigen Tagen in alle Zimmer. Inzwischen haben wir bereits unseren 3. Hund. Willi ist mit 18 1/2 an Altersschwäche gestorben. Er war 17,5 Jahre bei uns, und wir hatten eine sehr schöne Zeit miteinander.

1990 und 1994 reiste ich nach Israel ans Tote Meer. Alleine. Ich mußte meine Haut wieder in Ordnung bringen. Zum ersten Mal in meinem Leben war es in beiden Jahren so schlimm, dass der ganze Körper mit Neurodermitis übersät war. Als Baby soll ich es auch schon gehabt haben, und in den folgenden Kinderjahren, kann ich mich erinnern, dass ich es öfter an verschiedenen Stellen hatte, die aber nach Behandlungen mit verschiedenen Salben und Verbänden wieder verschwanden. Ab da hatte ich dieses immer unter Kontrolle. Über die Reisen nach Israel habe ich einen Extrabericht geschrieben, sowie auch über meine Reise 1992 nach Kairo und Alexandria.

 

Spanien, Hunde und Katzen
Bis Ende 1999 lernten wir München gründlich kennen, besser, wie wir aus eigener Erfahrung wissen, als manch ein Eingeborener, der dort geboren und aufgewachsen ist. Aber schon ab 1997 machten wir unsere Urlaube in Spanien. Eigentlich waren es keine reinen Urlaube, wir verbanden das Angenehme mit dem Nützlichen. Da Harald seit einiger Zeit an der Costa Blanca Immobilien verkaufte, mußte er sowieso öfter hier herfliegen, bis wir dann das Auto nahmen und unsere Urlaube damit verbunden. Im Dezember 1999 hatten wir die glorreiche Idee, daß ich hier selber mal probehalber wohne, zum Überwintern. Ich mietete mir ein kleines Häuschen mit Grundstück, für unseren Willi, ein Auto und ging vormittags in die Sprachschule nach Denia. Im Februar 2004 verabschiedete sich unser Willi leider von uns. Danach machten wir 5 Jahre eine Hundepause, bis wir 2009 einen herrenlosen Welpen auf der Straße fanden, der dann unser „Neuer“ wurde. Benni! Mit ihm hatten wir auch wieder eine sehr schöne Zeit. Doch leider verließ er uns viel zu früh, schon nach 7,5 Jahren. Er starb plötzlich und unerwartet nach einer schlimmen Krankheit. Wir denken heute noch sehr oft an ihn. Doch kurze Zeit danach holten wir uns wieder einen Hund aus dem Tierheim. Billy! Während meiner anfänglichen Zeit des Überwinterns machte ich Nachmittags noch mit unserem 1. Hund, Willi, lange Strandspaziergänge und erkundete Denia und Umgebung und wendete dabei meine neu gelernte Sprache unter Leuten an. In der Sprachschule lernte ich unter anderem Andrijana aus Rovinj, Kroatien kennen. Wir trafen uns sehr oft und besuchten uns gegenseitig. Sie wohnte in einem großen Haus am Montgo, welches ihrer Tante aus München gehörte, daher sprach Andrijana auch deutsch. Harald kam nicht nur über die Weihnachtsfeiertage, auch öfters über die Wochenenden. Mir gefiel es sehr gut hier und Harald auch. So gut, dass aus meiner 1/4 jährlichen Überwinterung bereits 20 Jahre geworden sind, bis heute. Außerdem haben wir hier immer, außer mit Hunden, auch mit vielen Katzen gelebt und das auch heute noch. Tiere sind einfach was wunderbares. Schade, dass ich das erst so spät erfahren habe. Ja, wir leben heute in Spanien an der Costa Blanca. Und es gefällt uns immer noch sehr gut. Wir denken nicht daran, nach Deutschland zurückzugehen. Die ersten Monate und Jahre waren natürlich sehr aufregend. Neue Sprache, neues Land, neue Menschen, alles irgendwie schon viel anders, und wir mußten uns auch an vieles neu gewöhnen und teilweise sogar etwas umstellen. Aber insgesamt war es nicht schlechter als in Deutschland, nur deswegen sind wir ja heute noch hier. Unsere Urlaube haben wir von hier aus gemacht, in Spanien, Portugal, Frankreich sowie in Marokko. Wir flogen aber auch jedes Jahr ein- bis zweimal nach Deutschland. Seit 2007 habe ich außerdem noch das Wandern entdeckt. Es gibt kaum noch Berge an der Costa Blanca, die ich noch nicht bestiegen habe. Es ist eine tolle, atemberaubende Bergwelt hier. Berge, Strände, Meer, aufregende Städte und viele Fiestas das ganze Jahr, was wollen wir mehr. Ja, wir leben da, wo andere Urlaub machen.

 

Im Jahr 2017 machte ich mal wieder eine Gesundheitsreise nach Israel ans Tote Meer, und 2019 besuchte ich einen langjährigen Freund, den wir bereits in München kennenlernten, am Roten Meer in Ägypten.

Abschließend kann ich nur sagen, daß ich bis jetzt ein interessantes Leben hatte, viel gesehen, erlebt und beruflich auch gemacht habe. Das hätte ich DAMALS nicht gedacht, daß ich mal in München lande, und sogar in einem anderen Land, in Spanien.

 

Monika Wolff, Els Poblets / Alicante, Spanien, April 2020