Hallo, oder auch wau, wau!

Ich heiße Billy Wolff. Bin kein Rentner und werde im Herbst auch keine Hundeboutique mit meiner Tochter in Wuppertal eröffnen. Also, an meiner Begrüßung habt ihr jetzt erkannt, daß ich vorne belle und hinten mit dem Schwanz wedele und auch NICHT Erwin Lindemann bin. Richtig geraten, ich bin ein Hund. Hund bei Wolffs.Trage immer einen grau-weiß melierten Pullover mit zwei großen, runden schwarzen modischen Punkten. Wo und wann ich geboren wurde, weiß ich nicht. Sowie ich mich auch nicht mehr an meine früheste Hundheit erinnere.

 

Seit Februar 2017 hat mich ein sehr nettes Ehepaar adoptiert. Zu deren Haushalt gehörten damals noch 5 Katzen. Heute ist nur noch eine da, sie heißt Julia. Eigentlich mochte ich ja Katzen, aber das wußte keiner so genau. Weil mich ja auch noch keiner so richtig kannte und ich schon immer ein sehr wilder mit viel Temperament war. Ich wollte mit denen immer spielen und rennen. Das haben sie aber wohl alle mißverstanden. Sobald sie mich witterten oder sahen, rannten sie vor mir weg. Und ich hinterher. Ich kann euch sagen, da war was los. Und meine Adoptivmutter hatte immer Angst um ihre kleinen Katzen und nahm sie immer in Schutz, während sie mich immer anschrie. Es kam soweit, daß sie mich die erste Zeit, ich glaube es waren ca. 2-3 Wochen, nachts in einen Käfig steckten, der aber immerhin auch im Schlafzimmer neben deren Bett stand, und tagsüber war ich auf der Terrasse angeleint. Das war schon ganz schön langweilig für mich. Zwischendurch durfte ich aber wenigstens meine Chefin zum Spaziergehen ausführen. Ja, ihr habt richtig gehört: ICH habe SIE spazieren geführt, die konnte mich ja kaum halten. Das hat mir immer Spaß gemacht. Aber sie fand es nicht so witzig. Einmal ist sie sogar auf die Schnauze geflogen. Da war erstmal Ruhe. Es ist zwar nichts passiert, trotzdem habe ich nicht gelacht, obwohl es schon witzig aussah. Sie stand wieder auf, und es ging erstmal langsamer weiter. Inzwischen darf ich ab und zu auch mal ohne Leine laufen, und auch zu Hause ist es schon viel besser geworden. Die Katzen hatten sich irgendwann an mich gewöhnt, der Käfig kam zurück ins Auto, und ich durfte auch tags frei auf dem Grundstück rumlaufen. Bevor ich in diese Großfamilie kam, lebte ich übrigens eine Zeit lang im Hundeheim. Die waren zwar alle sehr nett zu mir und leckeres Essen gab es dort auch immer, aber trotzdem habe ich mich riesig gefreut, als meine neuen Eltern mit mir den 1. Spaziergang, rund ums Heim, machten und mich danach gleich mit zu sich nach Hause nahmen. Den Einzug, und wie es mir die ersten Wochen in meiner neuen Familie gegangen ist, habe ich euch ja gerade schon erzählt. Ich muß damals so ca. 3 Jahre alt gewesen sein, so soll es jedenfalls in meinem Reisepass gestanden haben.

 

Meine Ohren sind übrigens nicht nur schwarz, sondern auch sehr groß, mit denen ich sehr gut hören kann. Aber alles muß und will ich gar nicht hören. Ihr glaubt ja gar nicht, was ich mir den lieben, langen Tag lang alles so anhören muß. Zum Beispiel: komm endlich! Und das, während ich gerade ausführlich am Zeitung lesen bin. Mein neuer Adoptivvater läßt sich beim Zeitung lesen ja auch nicht stören. Ab und zu finde ich unterwegs auch mal ganz was tolles zu fressen, was zu Hause nie auf meinem Speiseplan steht. Das duftet schon von weitem so verlockend, daß es für mich nicht zu überriechen ist. In diesem Fall muß ich sehr schnell sein, damit ich soviel wie möglich davon aufnehmen kann, bevor ich zurück muß. Denn wenn meine Adoptivmutter oder - vater es erst sehen, dass ich unterwegs was zu mir nehme, dann werden sie richtig böse. Sie rufen mich und pfeifen nach mir…. und das ist dann der Moment, wo ich so tue, als würde ich nichts hören. Kann mir doch diese Leckerei nicht einfach so entgehen lassen. Und so gibt es einige Sachen, die ich mir anhören muß. Und deshalb lasse ich in bestimmten Situationen einfach meine Ohren hängen und schalte auf stur. Außerdem bin ich extrem sportlich. Ich kann rennen …..  das glaubt ihr nicht. Wenn ich Leute von weitem sehe, die ich schon kenne und die immer was Schönes in ihrer Tasche haben, starte ich schon mal durch, zum Entsetzten meiner Adoptivmutter. Die pfeift und ruft mal wieder aus Leibeskräften. Das interessiert mich aber nur am Rande, denn jetzt muß ich erst rennen. Meistens lasse ich die Person, weshalb ich ja überhaupt losgestürmt bin, erstmal links liegen und renne in letzter Sekunde an ihr vorbei. Manche Leute, die mich noch nicht kennen, bekommen dann immer erst einen Schreck. Damit müssen sie aber leben, außerdem entschuldigt sich meine Chefin meistens für mich. Es hat aber auch schon mal Ärger gegeben, wenn diese Leute nicht so hundefreundlich waren. Große Hunde müßen an die Leine und sie würden die Polizei rufen und all sowas. Da bleibt meine Chefin aber ganz cool. Sie weiß ja, dass ich nicht zubeiße, obwohl Mancher es schon mal verdient hätte. Aber ich kann mich ja auch benehmen, wenn es denn schon sein muß.

 

Als ich um die 4 Jahre alt war, wurde ich eingeschult. Es war eine kleine Privatschule, in der ich Einzelunterricht erhielt.  Mein Lehrer hieß René.  René war zwar ein guter Lehrer und ich war gelehrig aber trotzdem wechselte ich nach ca.  einem Jahr die Schule.  Es gab eine neue Schule, in der ich auch Kontakt mit anderen Schülern hatte.  Das fanden meine Adoptiveltern sehr wichtig.  Am 1. Tag ging meine Adoptivmutter mit mir zum Lehrer in das Schulungsgelände und stellte mich vor. Es war noch ein weiterer Lehrer und 2 Lehrerinnen dabei. Der Chef von der Schule hieß José Antonio. Die waren alle sehr nett zu mir und fanden mich alle ganz toll. Ich mochte sie auch alle, vor allen Dingen den großen Schulhof. Da konnte man rennen. Die 2-Beiner redeten noch ziemlich lange miteinander. Wahrscheinlich über das Schulgeld, über den Lehrstoff und wie der Unterricht ablaufen sollte. Eine Woche später ging der Ernst des Lebens für mich dann los. Als wir wieder auf dem tollen Schulhof ankamen, waren schon andere Schülerinnen und Schüler da. Wir verstanden uns alle auf Anhieb gleich sehr gut. Nachdem wir uns einigermaßen miteinander bekannt gemacht hatten, ging  das große Rennen dann richtig los. Jeder wollte der schnellste sein, aber mit mir kam kaum einer mit. Währenddessen versammelten sich die 2-Beiner im Kreis und wurden auch geschult. Nach einiger Zeit mußten wir wieder dazu kommen. In den folgenden Unterrichtsstunden machten wir die verschiedensten Übungen und Spiele. Das machte mir alles sehr viel Spaß und ich glaube, den 2-Beinern auch. Es gab auch immer Kleinigkeiten zum Naschen. Nach der 3. oder 4. Schulstunde war meine Chefin nach Ende der Stunde plötzlich weg. Ich suchte den ganzen Schulhof ab, aber sie war nicht zu finden. Wo war sie nur? Wollte sie mich hier lassen? Tatsächlich! Die anderen gingen alle mit ihren Kindern nach Hause, und ich stand da, alleine. Nur noch der Schulleiter, José Antonio mit einer Lehrerin waren da. Die nahmen mich dann mit zu ihrem Auto. Ich war ganz schön verwirrt, das könnt ihr mir glauben. Ich hatte keine Ahnung was hier vorging und was die mit mir vorhatten. Ein bißchen mulmig zumute war mir schon. Als die mich nach einer längeren Autofahrt aussteigen ließen, begrüßten mich noch andere Hunde, die ich noch nicht kannte, die aber alle sehr nett zu mir waren. War ich hier wieder in einem Hundeheim gelandet? Egal, ich konnte erstmal wieder rennen, das war wichtig für mich. Und vielleicht holten mich meine Adoptiveltern früher oder später ja doch wieder ab. In den nächsten Tagen war Spielen und Rennen seltener angesagt. Ich mußte lernen. Im Einzelunterricht. Die Anderen waren auch nicht mehr dabei. Das war nicht nur langweilig, sondern auch anstrengend. Ich mußte immer das tun, was José Antonio wollte und das war ja nun gar nicht mein Ding. Ich mußte immer konzentriert sein. Nach dem Unterricht habe ich meistens geschlafen, denn ich war wirklich immer geschafft. So ging das eine ganze Zeit weiter. Nach einiger Zeit fuhren wir wieder mit dem Auto. Und was soll ich sagen, wo fuhren die mit mir hin? Ja, genau. Wieder zu dem Schulgelände wo mich meine Chefin einfach allein gelassen hat. Die anderen 4-Beiner, die ich ja schon kannte, waren auch wieder da. Und was meint ihr, wer noch wieder da war? Meine Adoptivmutter. Ich sah sie schon von weitem angelaufen kommen. Mei, hab ich mich gefreut. Hat sie mich also doch nicht vergessen. Ich rannte natürlich gleich zum Eingang und habe sie freudig empfangen, und sie hat sich auch sehr gefreut. Auch wenn es ein schöner Aufenthalt in dem Hundeinternat war, werde ich heute meine Mutter nicht aus den Augen lassen und immer an ihrer Seite sein. Denn zu Hause ist es doch am schönsten.

 

Die Schule machte ich noch ein paar Monate weiter, dann kam der Sommer, und es wurde zu heiß. Außerdem hatte ich meiner Meinung nach eh schon genug gelernt, und meine Mutter hatte, glaube ich, auch keine richtige Lust mehr. Wahrscheinlich wurde ihr die Klasse zu groß. Es kamen nämlich immer neue Leute und Hunde dazu, und wir hatten beide das Gefühl, dass neuer Stoff nicht mehr gelehrt wurde und es immer nur Wiederholungen waren. Mir kam es ja sowieso nicht auf den Lehrstoff an, für mich war das Rennen und die Begegnungen mit den Anderen am wichtigsten. Ich hab zwar immer alles mitgemacht und war auch meistens Klassenbester, aber gebraucht hätte ich diese Sachen nicht unbedingt. Wozu muß ich tun was die anderen wollen, bzw. meine Adoptivmutter. Schließlich bin ICH hier der Hund. Ich habe diese Übungen nur ihr zuliebe mitgemacht und habe es auch manchmal zu Hause bei den Spaziergängen noch eine Zeit lang gemacht. Und einiges mache ich sogar heute noch. Aber wozu das alles, ich weiß doch selber was ich will und was gut für mich ist. Na ja, inzwischen haben wir uns gegenseitig aber schon ganz gut im Griff. Wenn mich allerdings mal wieder der Hafer sticht, ich gerade nicht an der Leine bin und ich muß ein Kaninchen verfolgen, lasse ich mir diesen Spass natürlich nicht nehmen. Da kann sie pfeifen und rufen soviel sie will, so ein Rennen kann ich mir nicht entgehen lassen. Einmal ging die Jagd solange, dass sie nicht mehr da war, als ich zurück kam. Nachdem sie sowieso nicht mehr da war, entschied ich, noch ein paar Extrarunden zu drehen, sowie das für spanische Hunde so üblich ist, dass sie ihre Spaziergänge alleine machen. Das habe ich also richtig ausgenutzt. Wer weiß, wann ich so eine Gelegenheit wieder habe. Danach ging ich dann aber nach Hause, ich wußte ja wo ich wohne und wartete vor der verschlossenen Tür. Es dauerte ziemlich lange, bis man mich reinließ. Als man mir die Tür öffnete, wurde ich überhaupt nicht begrüßt oder gestreichelt. Nicht mal ein freundliches Wort hatten die für mich übrig. Hätte ich wohl doch nicht solange wegbleiben sollen? Den ganzen Nachmittag haben die mich missachtet.

 

Der Sommer ist immer Urlaubszeit. Ich merke es immer daran, dass die Chefin noch hektischer als gewöhnlich wird. Die letzten Tage, bevor es losgeht sitzt sie gar nicht mehr in Ruhe auf der Terrasse oder liegt auf ihrer Sonnenliege. Sie ist nur noch im hinteren Teil des Hauses zum packen und räumen. Wenn sie damit fertig ist, geht es meistens nächsten Tag los. Zum Glück darf ich meistens mit. Ich fahre übrigens sehr gerne Auto. Weil ich da sowieso nichts machen kann, schlafe ich die ganze Strecke. Bei den Pausen darf ich auch mit aussteigen, und das ist auch gut so, denn die Fahrt ist meistens doch sehr lang. Meine Adoptiveltern haben einen Wohnwagen, der ist sehr gemütlich. Und tagsüber sind wir immer draußen und machen auch viele und lange Spaziergänge. Meine erste Fahrt, die ich mit ihnen machte, ging allerdings nur nach Mazarron, in Südspanien. Dort hat es mir sehr gut gefallen, auch wenn ich viel an der Leine gehen mußte. Aber die war sehr lang, und es gab außerdem sehr viele Zeitungen zu lesen. Meine Eltern nahmen mich auch überall mit hin, sogar an den Strand. Es waren leider sehr wenig Leute und Hunde da, aber dafür konnte ich da rennen ohne Ende. Löcher in den Sand graben durfte  ich dort auch. Das hat unendlich Spaß gemacht. Ich buddelte mich immer tiefer und tiefer. Ich war kurz vor Australien, als mich meine Chefin bremste, weil sie meinetwegen mit ihrer Sonnenliege in die totale Schräglage kam. Außerdem war ihre Strandtasche und sie wohl auch total von Sand zugeschüttet. Sie stand auf, schüttelte alles aus, stellte ihre Liege um, und ich grub an anderer Stelle von neuem. Wow, war das ein Vergnügen. Und abends habe ich dann gut und entspannt in dem gemütlichen Wohnwagen geschlafen. Im nächsten Sommer ging es dann nach Frankreich, an den Atlantik. Das war eine von den längeren Touren. Aber auch diese Reise hat sich für mich gelohnt und ich kam wieder voll auf meine Kosten. Strand, mit Menschen und Hunden, Stadt, Restaurants, Fahrradtouren, viel Zeitung lesen und lange Waldspaziergänge, alles was ein Hundeherz begehrt. Besser konnte ich es nicht treffen. Ich freue mich schon auf den nächsten Urlaub am Strand und mit dem Wohnwagen. Wozu brauche ich da noch die Schule. Das Hundeleben ist auch so schön, wenn man eine nette Familie hat. Inzwischen bin ich so ca. um die sieben Jahre alt und habe immer noch mein volles Temperament. Ja, ich genieße das Leben. Keine Arbeit, immer gut zu essen und ein Dach überm Kopf, und nicht zu vergessen, die netten Adoptiveltern.

 

Ich hoffe, Euch hat mein kleiner Lebenslauf gefallen. Wau, wau!

Dieses schrieb in meinem Auftrag meine Adoptivmutter:

Monika Wolff, September 2021, Els Poblets/Alicante, Spanien