Isabellas Garten

Im Haus in der Calle Castellon Nummer 7, in einer Kleinstadt an der Costa de Valencia, war noch alles ruhig. Die Sonne war gerade aufgegangen aber Isabella und Juan Sanches drehten sich in ihrem Bett nocheinmal um. Sie waren am Vorabend bei Freunden zu einem Geburtstag eingeladen. Es war eine schöne und lange Nacht. Seitdem Isabella seit kurzem in Rente ist, konnte sie sich endlich gemütliches Ausschlafen erlauben. Juan mußte schon einige Jahre vor ihr seinen Job aufgeben. Er war Frührentner. Als Polizist wurde er im Dienst angeschossen. Er brachte lange Zeit im Krankenhaus zu. Die Ärzte hatten alles versucht, sein verletztes Bein zu retten, was sie letztendlich aber doch nicht schafften. Danach war er lange in psychotherapeutischer Behandlung. Jetzt muß er leider mit einer Prothese laufen und hat immer wieder Schmerzen. Für Isabella, ihr Mann und ihre Freunde nennen sie übrigens Isa, war die Zeit nach dem Unfall nicht leicht und ist sie immer noch nicht, für beide nicht. Die Zwei waren  leidenschaftliche Tänzer und haben sich auch sonst sehr viel bewegt. Besonders lange Strandspaziergänge und Bergwanderungen gehörten mit zu ihrem Sportprogramm. Sie liebten die Natur. Leider konnten sie diese Aktivitäten während ihrer Dienstzeit viel zu selten ausüben, denn Juan arbeitete auch in Schicht. Und jetzt wo sie beide könnten, ist Juan durch sein Bein sehr eingeschränkt. Zum Glück haben sie einen großen Freundeskreis, mit dem Isa einige Unternehmungen, wie zum Beispiel Wanderungen, auch mal alleine unternehmen kann. Gemeinsame Unternehmungen gibt es aber natürlich auch noch, nur mehr andere oder leicht veränderte.

 

Juan hat das Angeln jetzt für sich entdeckt. Ein ehemaliger Arbeitskollege, der ebenfalls Angler ist, hat ihn darauf gebracht. „ Man kann dabei nicht nur entspannen, nein, es kann auch spannend werden“, sagte er. Diese Spannungen durfte er tatsächlich erleben, als sein Exkollege ihn die ersten Male mitgenommen hatte und sie gleich beim ersten Mal eine knapp 4 kg schwere Goldbrasse gefangen hatten. War gar nicht so leicht diese aus dem Wasser und an Land zu ziehen. Sie zappelte um ihr Leben. Bisher kannte er die Fische nur, wenn sie lecker angerichtet, mit z.B. einer Petersilien-Knoblauchsoße und ein Stück Zitrone essfertig auf dem Teller lagen. Doch jetzt mußte er lernen, was er da gefangen hatte. Und nicht nur das, er mußte auch lernen, wie man den Fischen beibringt, dass ihr Leben jetzt zu Ende ist und sie dann auch noch ausnehmen. Das war eigentlich die unangenehmste Arbeit beim Angeln. Das Säubern, entgräten und entschuppen, sie also pfannen- oder grillfertig herzurichten, war das kleinere Übel. Er hätte niemals gedacht, dass er dieses jemals könnte und noch weniger, dass er überhaupt Spaß am Angeln haben würde. Aber es war tatsächlich so. Und das Kochen und Essen danach war auch noch ein Vergnügen. Und sogar Isa genoß die Angelausflüge. Sie ging meistens mit ihrem Mann mit. Mal alleine, mal mit einer Freundin. Während Juan seinen Angelplatz am Strand einrichtete und dann in Ruhe wartete, bis die Fische anbissen, gingen die beiden am Strand spazieren. Wenn sie zurückkamen, war im Fangeimer schon was drin, oder auch nicht. Er hatte natürlich nicht immer Glück.

 

Doch auch Isas neues Hobby kann sich sehen lassen und macht ihr sehr viel Spaß. Juan und Isa haben nicht nur ein sehr schönes Haus, sondern auch einen sehr attraktiven und großen Garten. Die meisten Arbeiten, wie Zitrusbäume und Büsche schneiden, erledigt regelmäßig der Gärtner. Isa hat jetzt aber einige Veränderungen vor und möchte noch mehr Blumen im Garten und in Töpfen anpflanzen. Sie liebt es schon immer, wenn es an allen Ecken und Kanten blüht. Aber als sie noch arbeiten mußte, hatte sie keine Zeit, sich auch noch um Blumen zu kümmern. Und der Gärtner hatte schon genug zu tun. An den Grundstücksgrenzen wuchsen viele mediterrane Rankpflanzen, die fast alle das ganze Jahr blühten. Diese werden auch von ihrem Gärtner gepflegt und geschnitten. Auch die wunderschönen, unterschiedlichsten Palmen hatte der Gärtner in sein Pflegeprogramm. Aber das, was Isa jetzt noch möchte, war, dass sie mehr Töpfe aufstellte, in denen sie bunte Blumen pflanzen wollte, und in einer Ecke des Grundstücks war noch Platz für ein größeres Beet. Sie machte sich Gedanken, wie sie dieses Beet anlegen sollte. Dazu ging sie als erstes in einen Zeitungsladen und kaufte alle Illustrierten, die was mit Garten und Blumen zu tun hatten. Sie wollte sich inspirieren lassen. Die nächsten Tage war sie erstmal damit beschäftigt diese durchzustöbern. Es waren wirklich schöne Zeitschriften, mit den schönsten Blumen und Ideen, wie man heimelige Ecken in Gärten schafft und auch welche Blumen sich gut für Töpfe eignen. Natürlich gab es auch Tipps zu Pflege und Standorten. Zwischendurch zeigte sie Juan einiges aus den Heften und meinte dann: „so ähnlich könnte ich mir das Beet vorstellen“. Auch ihrer Freundin Ana zeigte sie diese Gartenhefte, mit der sie sowieso die Blumenkäufe machen wollte. Isa und Ana waren voller Begeisterung und sahen sich schon durch die diversen Gartencenter spazieren.

 

Also, warum lange warten mit den Einkäufen, das Wetter war jetzt gut, es eignete sich hervorragend für Spaziergänge durch die Gartencenter. Der erste große Gartenladen, den sie anfuhren, hatte ein sehr breites und buntes Angebot. Soweit das Auge reichte, alles frische Blumen, unterschiedlichster Art. Es war wirklich ein überwältigendes Angebot, und sie kamen zu der Übereinkunft, dass sie zu einem zweiten Laden nicht mehr  mußten, denn hier bekamen sie alles, was das Herz begehrt. Am Eingang nahmen sie sich jeder einen großen Wagen, die sie beide voll beluden. Auch bei den Töpfen war die Auswahl sehr groß. Kleinere, mittlere und große, in allen Farben und verschiedenen Sorten sowie Formen. Eine  mittelgroße Amphore mußte natürlich auch dabei sein. Die muß in jeden spanischen Garten. Isa entschied sich für Tontöpfe, die bemalten Keramiktöpfe waren ihr zu bunt. Schließlich waren die Blumen schon bunt, und die sollten in ihrer vollen Pracht zur Geltung kommen. Zum Schluß kauften sie noch vier große Säcke Planzerde, beluden dann ihr Auto und fuhren wieder nach Hause. Isa und Ana freuten sich über den erfolgreichen und schnellen Einkauf. Zuhause stellten sie die Blumenkartons, Töpfe und Erde erstmal in eine Schattenecke. Mit dem Pflanzen wollten sie morgen beginnen. Wobei Ana ihr nur beratend zur Seite stehen sollte, denn sie hatte auch gute Ideen, was zusammenpaßte und wo die Töpfe stehen könnten.

 

Der nächste Tag fing gleich mit Sonne und strahlend blauem Himmel an. Isa wollte früh anfangen, denn ab Mittag wird es wieder heiß werden. Nach dem Frühstück ging es los, Ana kam gegen 10h dazu. Isa legte und stellte vorher schon alles bereit. Arbeitshandschuhe, Erde, kleine Schippe, Gießkanne zum angießen, Handfeger und Schaufel, Töpfe und natürlich die Blumen. Auch nicht zu vergessen, die Schere, mit denen sie die Erdsäcke aufschneiden konnten. Jetzt ging es endlich los. Mit dem Eckbeet fingen sie an. Bestehende Erde etwas auflockern, mit neuer Erde vermischen, drei oder vier Blumen gleicher Sorte und Farben einpflanzen, andrücken und leicht angießen. Danach folgten die nächsten Gruppen, am hinteren Rand die etwas höheren und zwischen den Gruppen und den einzelnen Pflanzen kleinere oder größere Lücken, damit sich die Blumen noch genug ausbreiten konnten. Außerdem wollte Isa noch Kies und etwas größere Steine dazwischen legen. Sie wollte aber erstmal sehen, wieviele, welche Größe und welche Farbe am besten paßten. Dieses wollte sie noch mit ihrem Gärtner besprechen, der den Kies und die Steine mit ihr zusammen besorgen und sie auch im Beet, nach ihrer Anleitung, verteilen sollte. Denn das könnte wirklich sehr schwer werden und würde ihrem Rücken nicht unbedingt gut tun. Die Amphore legte sie etwas schräg an den vorderen rechten Rand. Die Ecke war nach knapp drei Stunden fertig, jetzt waren die Töpfe an der Reihe. Aber nicht bevor sie ihr erstes Werk gemeinsam bewunderten und sich gegenseitig auf die Schultern klopften.

 „Hast Du gut gemacht, Isa.”

 

„Und Du kannst schon ganz schön mithelfen, Ana, Dankeschön. Wenn ich Dich nicht hätte ……“

 

„….. dann wärst Du jetzt noch nicht fertig“, beendete Ana ihren Satz. 

Sie mußten beide lachen und freuten sich über das gelungene Ergebnis. 

Eigentlich wollten sie nach einer kurzen Kaffeepause mit selbst gebackenen Keksen gleich weitermachen, aber es wurde schon zu heiß, außerdem klagte Isa über leichte   Rückenschmerzen. Also wurde aus der kurzen Kaffeepause eine lange und sie  entschieden sich, morgen weiter zumachen. Sie saßen fast den ganzen Nachmittag auf der Terrasse zusammen, mit Blick auf das soeben fertiggepflanzte Beet. Juan setzte sich auch kurz zu ihnen und freute sich ebenso über den schönen Anblick der neuen Ecke. Er fragte die Beiden, ob sie nach dem Kaffee Appetit auf einen kleinen Tapas-Imbiss hätten. Er könnte etwas Schinken mit Käse und Oliven machen, dazu frisches Baguette mit Olivenöl. Zu trinken gab es Weißwein oder Rosado und Wasser natürlich. Das darf selbst beim besten Menue nicht fehlen. Isa und Ana stimmten zu, denn Kaffee und Keks alleine konnte den Hunger nach 3-stündiger „Schwerstarbeit“ nicht stillen. Der Schinken und das Übrige waren sehr gut und reichlich. Der Nachmittag wurde doch länger als gedacht, weil sie immer wieder auf neue Themen kamen und die Gespräche kein Ende nahmen. Gegen 16:30 mußte Ana dann aber doch gehen, denn sie wollte auf dem Heimweg noch kurz in einen Supermarkt. Sie verabschiedeten sich und fanden beide, dass es ein gelungener Tag war.

 

Nach einem guten Frühstück am nächsten Morgen, machte Isa sich wieder an die Arbeit, die restlichen Blumen in die verschiedenen Töpfe zu pflanzen. Ana kam heute erst gegen Mittag dazu. Isas Rücken hatte sich über Nacht zum Glück beruhigt. Sie stellte die Töpfe noch im leeren Zustand an ihre Bestimmungsorte. Da es vorwiegend größere waren, wären sie bepflanzt zu schwer gewesen, sie zu transportieren. Für die Töpfe hatten sie hauptsächlich Halbschattengewächse ausgesucht, weil mindestens zwei Stück davon auf der überdachten Terrasse stehen sollten. Die ganze Sache nahm langsam Form an und neigte sich dem Ende zu. Isa hatte es fast geschafft. Die Blumen standen leuchtend und stolz in ihrer Erde. Isa mußte sie nur noch angießen, aber vorher um die Pflanzen ein wenig Erde auffegen. Fertig! Was jetzt noch fehlte, war die automatische Tröpfchenbewässerung. Aber auch dieses hatte sie schon mit ihrem Gärtner besprochen, der sich darum kümmern sollte, was für ihn keine große Arbeit war. Er mußte nur das Material dafür im Baumarkt besorgen, es ordnungsgemäß verlegen und die Zeitschaltuhr an den Außenwasserhahn anschließen. Bis dieses geschehen war, mußte Isa noch mit der Gießkanne gießen. Automatische Gießvorrichtungen haben den Vorteil, dass die Blumen das Wasser nicht nur immer um die selbe Zeit bekommen, sondern auch immer die selbe Menge. Das mögen alle Pflanzen besonders gerne und gedeihen deswegen besser.

 

Es dauerte nicht lange, bis der Gärtner Kies und einige Steine in verschiedenen Größen deponiert hatte, sowie auch die Bewässerung für die Töpfe gelegt waren und die Schaltuhr eingestellt war. Jetzt fehlte wirklich nichts mehr. Garten und Terrasse waren „aufgemöbelt“ und wunderschön. Es blühte wie im Paradies. Isa und sogar ihr Mann gingen die erste Zeit mehrmals durch ihren Garten von einer Ecke in die andere und freuten sich über den traumhaften Anblick. Doch dann war es plötzlich aus mit der Freude. Bereits am zweiten Morgen sah sie in ihrem Beet, dass einige von den Blütenblättern total angefressen waren. Das sah überhaupt nicht mehr schön aus. Nach gründlicher Untersuchung der Pflanzen entdeckte sie in der Erde mehrere große Schneckenhäuser. Als sie diese einsammelte, guckten die fetten, Bewohner mit ihrem dicken Körper gefräßig aus ihrem Gehäuse. Sie warf sie allesamt in die Mülltonne, in der Hoffnung, dass sie alle erwischt hatte und die neuen Blütenknospen unversehrt blieben. War aber nicht so. Am nächsten Morgen bot sich ihr das gleiche Trauerspiel. Wahrscheinlich hatte es sich in Schneckenkreisen bereits herumgesprochen, daß in diesem Garten ein neues Restaurant eröffnet hatte. Isa konnte es nicht fassen, dass ihre ganzen Mühen einfach zum Teufel sein sollten, denn auch die Blumen in den Töpfen hatten diese ekeligen Vielfraße schon entdeckt. Sie fand unzählige Schneckenhäuser, alle noch größer als gestern. Zwischen den Töpfen und sogar auf den Blättern hinterließen sie dicke Schleimspuren, die in der Sonne schon von weitem glänzten. Das war alles andere als schön und sehr ärgerlich. Isa überlegte, was sie machen sollte. Denn neue einpflanzen, bedeutete für die Schnecken nur, dass ihr Tisch neu gedeckt wurde. Also mußte sie sich vor dem Neupflanzen nach einem wirksamen Antischneckenmittel erkundigen, ohne gleich die Giftkeule einzusetzen. Sie mußte es aber schnell machen, bevor alles zu spät war. Unglücklicherweise hatte sie heute überhaupt keine Zeit dafür, denn sie mußte vormittags mit ihrem Auto zum TÜV und nachmittags hatte sie einen Arzttermin. Beide Termine waren von der Dauer der Zeit unvorhersehbar.

 

Doch die Schnecken ließen ihr keine Ruhe. Kurz bevor sie ins Bett ging, öffnete sie ihren Laptop und suchte im Internet. Warum ist sie da heute Vormittag nicht gleich draufgekommen? Dort gab es immer eine Lösung, für fast alles. Auch, wenn es immer noch einige Menschen gibt, die Internet nicht mögen, obwohl man hier so vieles erfahren kann. Der Vorteil unserer heutigen, fortgeschrittenen Zeit. Isa gab als Suchbegriff nur Antischneckenmittel ein und schon öffnete sich die Seite mit den verschiedensten Sachen. Als erstes wurden hochgiftige Produkte erwähnt, wie z.B. Schneckenkorn. Die wollte sie aber nicht. Danach kamen andere Vorschläge. Zum Beispiel, dass man die Schnecken über Düfte fern halten kann. Es gibt intensiv riechende Kräuter, sowie Rosmarin, Thymian und Salbei, die diese possierlichen Tierchen gar nicht mögen. Außerdem Gräser und Farne. Dieser Vorschlag gefiel Isa sehr gut, weil sie diese Pflanzen  sehr gerne mochte, und alles ließ sich sehr gut zwischen bunten Blumen pflanzen. Sie war beruhigt, dass sie was natürliches gefunden hatte, ohne Gift anwenden zu müssen. Jetzt konnte sie endlich ins Bett gehen und ruhig schlafen. Dachte sie.

 

Sie konnte aber nicht einschlafen und lag noch lange wach. Es wurde eine unruhige Nacht. Sie wälzte sich eine ganze Zeit lang von einer Seite auf die andere, ohne ein Auge zuzumachen und den wohlverdienten Schlaf zu finden. Sie mußte immer wieder an Schnecken denken……….sie schlichen plötzlich im ganzen Haus herum, eine größer als die andere, und es wurden immer mehr. Einige hatten sogar Gesichter, die sie aber nur verschwommen erkennen konnte. In einer Schnecke allerdings meinte sie den fiesen Nachbarn von nebenan zu erkennen, den sie noch nie leiden konnte. Er grinste sie an, während er sich dabei ein frisches Blütenblatt in den Mund steckte und es genüßlich zermalmte. Es war einfach nur ekelhaft. Sie wollte vor all diesen Monstern weglaufen, wußte aber nicht wohin, denn sie waren inzwischen überall. Sogar die Wände krochen sie hoch und hinterließen ihre häßlichen Schleimspuren. Außerdem konnte sie kaum laufen, sie kam nichts vorwärts. Plötzlich spürte sie, wie ein besonders dickes Exemplar ihr am Bein hoch schleimte. Dann fing sie an zu schreien, was zunächst aber nur als krächzen rauskam. Aber sie schrie weiter und es wurde immer lauter, bis Juan davon wach wurde und sie wachrüttelte. Es dauerte ein paar Sekunden bis sie richtig wach war und  merkte, dass alles nur ein Traum war. Ein Albtraum. Sie setzte sich auf und spürte, dass sie vor lauter Angst und Ekel schweißgebadet war. Es war kurz nach vier Uhr. Als sie sich wieder beruhigt hatte, versuchte sie weiterzuschlafen, was ihr nicht so gut gelang. Sie träumte zwar nicht mehr, aber es war ein sehr leichter Schlaf. Am nächsten Morgen wachte sie wie gerädert auf. Sie dachte nochmal an ihren Albtraum, den sie noch deutlich vor Augen hatte. Beim Frühstück erzählte sie ihn Juan und später auch ihrer Freundin Ana. Sie konnte ihn auch die Tage danach noch fast genau erkennen und glaubte, dass sie diese „Traumschnecken“ niemals vergessen würde. Übrigens: früher hatte sie, auch Juan natürlich, noch Schnecken gegessen. Denn Schnecken gelten in Spanien und auch in Frankreich als Delikatesse. In Spanien findet man sie oft auf der Paella. Man kann sie  aber auch in spezielle Schneckenpfannen einzeln zubereiten. Man legt die Schnecken hinein, beträufelt sie mit einer Kräutersoße mit viel Knoblauch, noch etwas geriebenem Käse zum Überbacken und schiebt sie dann in den Backofen. Serviert werden sie mit frischem Baguette!? Hm, köstlich. Früher. Heute mag sie gar nicht mehr daran denken, dass sie so etwas nur essen konnten. Ja, diese verfressenen Biester mußten vernichtet werden, aber doch nicht so.

 

So, jetzt wollte sie diese Nacht erstmal hinter sich lassen und den Traum ganz vergessen. Sie fuhr wieder ins Gartencenter mit Ana auf dem Beifahrersitz, und ab ging die Post. Sie besorgten jetzt die im Internet empfohlenen Kräuter und Gräser. Aber auch noch ein paar neue Blumen. Hm, welch ein Duft. Auf dem Rückweg duftete es im ganzen Innenraum des Autos. Wär doch gelacht, wenn diese  stark riechenden Kräuter die Schnecken nicht vertreiben würden. Was für die menschliche Nase Duft ist, ist für Schnecken noch lange nicht angenehm. Und so sollte es ja auch sein. Abschreckend. Wieder zuhause angekommen, befreiten sie das Beet und die Töpfe von den zu stark angefressenen Blumen und pflanzten die neuen dazwischen, sowie die Kräuter und Gräser. Diese Arbeiten gingen recht schnell, denn das meiste hatten sie ja schon vor einigen Tagen gemacht. Heute waren es ja nur die Ausbesserungsarbeiten. Als alles fertig war, waren beide zufrieden. Sie kamen überein, dass es fast noch schöner war, als vorher. Jetzt konnten sie nur noch hoffen, dass diese Aktion auch was nützen würde.

 

Die nächsten Tage machte Isabella regelmäßige Kontrollen. Sogar mehrmals täglich. Sie guckte sich die Pflanzen genau an, auch unter und zwischen den Blättern. Sie fand zum Glück keine einzige Schnecke mehr, nichtmal ihre Schleimspuren. Keine Blüten waren angefressen. Es sah alles gut aus. Sie hatten es wohl endlich begriffen, dass Isas Garten kein Schneckenrestaurant ist. So mußte es sein und so wollte sie es schon von Anfang an haben. Sie hoffte, dass ihr Garten auch in Zukunft von diesen und anderen Vielfraßen verschont blieb. 

 

 

Das war die Kurzgeschichte von Isabellas und Juans neuen Hobbys.

 

Monika Wolff, im November 2022