Wolffs Camping


Vor dem Schullandheim auf Wangerooge
Vor dem Schullandheim auf Wangerooge

Gastbeitrag von Harald Wolff

50 Jahre unterwegs – wie alles anfing

In grauer Vorzeit, Anfang der 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts gab es die ersten Zelterfahrungen im CVJM Zeltlager in Wildflecken in der Rhön. Der engagierte Pastor Tüngerthal (PTü) hatte sich Zelte und Ausrüstung zusammengeborgt, u.a. von der Bundeswehr und daraus auf einem weitläufigen Grundstück am Fuße des Kreuzbergs ein Zeltlager errichtet. Hier konnten Kinder und Heranwachsende aus Wilhelmshaven für kleines Geld Ferien in herrlicher Umgebung machen. Es gab Wanderungen, Ausflüge, u.a. zur Wasserkuppe und nach Fulda, Spiele, Lagerfeuer... Mit die schönsten Erinnerungen aus meiner Kindheit. In den frühen 60ern gab es einige campingnahe Erfahrungen im Schullandheim. Die Zeit der ersten Zigaretten. Einige Zeit später, der Kleine war inzwischen zarte 16, ging es in das "International Youthcamp" in St. Austell, Cornwall. Ein "Hochsicherheitszeltlager", das von der Polizei bewacht wurde, weil damals die Gefahr bestand, dass wir Jugendlichen in die Auseinandersetzungen zwischen den "Mods" und den "Rockers" hineingezogen würden, die damals als Vorläufer der Social Media die jungen Leute beschäftigten. Auch das waren interessante Erfahrungen, zumal wir auf der Anreise einige Tage in London verbrachten, das damals das Zentrum der Jugendkultur darstellte. Besonders nachhaltig blieb ein Kinobesuch am Picadilly Circus in Erinnerung, wo wir "Yellow Submarine" von den Beatles im Original sehen und hören konnten. Als sensationell empfanden wir die Möglichkeit, im Kino zu rauchen. Auch die Freizeitaktivitäten vom Zeltlager aus haben bleibende Eindrücke hinterlassen. Höhepunkt war eine Fahrt mit einem kleinen offenen Fischerboot von Mevagissey aus. Wir kamen in einen Makrelenschwarm und hatten innerhalb weniger Minuten tatsächlich das Boot voller Fische. Am Abend wurden diese über offenem Feuer auf einem Bettgestell gegrillt. Unter Polizeischutz. Besonders eindrucksvoll war die anschließende Begegnung meines Klassenkameraden Roger mit der Polizei, als er seine Limonadenflasche, halb und halb mit Whisky und Limonade gefüllt (striktes Alkoholverbot!), hackedicht gegen den Polizeiwagen knallte, der in der Einfahrt zu dem Feld mit dem idyllischen Grillplatz stand. Die Jungs waren aber recht freundlich. Noch heute schuldet mir der Pub in St. Austell übrigens noch unzählige Freispiele am Flipper. Ich konnte das damals recht gut. 

 

Als der kleine Harald immer noch jung und dünn war – im Jahr 1970 hieß das 19 Jahre und unter 70 Kilo bei 1,86m Höhe – war der Zugang zu einem motorisierten Fahrzeug gleichbedeutend mit Freiheit. Das war nicht so leicht realisierbar, wie man es sich erträumte, wenn man diese Freiheit nur mit eigenem Geld erkaufen konnte. Von den Eltern jedenfalls war nichts zu holen. Der Sparkassenlehrling Wolff fand seine Lösung mit einem Nebenjob als Taxifahrer. Weil er schon unmittelbar nach Erwerb des Führerscheins angefangen hatte, Minicar zu fahren (das waren diese schäbigen Kleinwagen ohne Taxischild mit denen man billig von A nach B kam), erhielt er den Taxischein aufgrund einer Übergangsregelung schon, bevor er 21 war. Eine der Fahrten führte ihn nach Jever zu Wohnwagen Tjarks. Während er auf seinen Fahrgast wartete, schaute er sich auf dem Platz etwas um. Ein Fahrzeug erregte seine Aufmerksamkeit.

 

Links Matschki, rechts ich, daneben Theo. Dietmar war nicht dabei. In Amsterdam aufgenommen. Ja, genau!
Links Matschki, rechts ich, daneben Theo. Dietmar war nicht dabei. In Amsterdam aufgenommen. Ja, genau!

Stirnimus der Campingbus

In einer Ecke stand, verstaubt und unscheinbar, ein weißer VW-Bus T1 mit rudimentärer Campingausstattung. Mit Aufstelldach und einer mit dem Tisch zum Bett umbaubaren Sitzbank. Die Innenausstattung aus massivem Holz war ein Frühwerk der Fa. Westfalia. So richtig neu sah er nicht mehr aus. Immerhin hatte er damals schon über 10 Jahre auf dem Buckel. „Ja,“ sagte der alte Tjarks, „er ist fahrbereit, aber stillgelegt und der Fahrzeugbrief ist entwertet.“ Er sollte 600 DM kosten und brauchte eine komplette Neuzulassung mit TÜV-Gutachten und neuem Brief. Zuvor musste er jedoch hergerichtet werden. Teuerste Position war eine neue Batterie. Ein Problem stellten die winzigen Rücklichter dar. Aus rotem Glas und irreparabel beschädigt. Ersatzteile dafür gab es nicht. Auf dem Weg zur technischen Meisterlösung mithilfe von Schrottplatzzubehör gab es noch einen kleinen Brand im Motorraum, der spontan mit Wasser aus einer Pfütze gelöscht werden konnte. Davon vielleicht ein anderes Mal. Zunächst musste der Wagen ja gekauft werden. 600 DM waren viel Geld. Alleine nicht zu schaffen. Aber wozu hat man Freunde? Jochen, Spitzname Matschki (links auf dem Foto) alter Klassenkamerad und nun Mitlehrling bei der Sparkasse und Theo (dritter von links), Jungangestellter bei ebendieser. Auf dem Foto bin ich, unschwer zu erkennen, ganz rechts. Dietmar, der zweite von links, war nicht dabei. Zu dritt ist es zu wuppen! Hinzu kommt, dass Matschkis Vater einen Großhandel für KFZ-Zubehör betreibt. Das hilft! Der Wagen wird gekauft, hergerichtet, zugelassen und benutzt. Der Name „Stirnimus“ ist übrigens einem damals sehr bekannten Lied einer Schweizer Gruppe, den Minstrels, entlehnt „Ja Grüezi wohl Frau Stirnima“. Allerdings war unser Bus männlich und der Name sollte sich auf Campingbus reimen. "Stirnimus der Campingbus!"

 

Am Fluss bei Budva, links geht es zum Strand
Am Fluss bei Budva, links geht es zum Strand

Auf nach Montenegro

Wenn man sich schon so viel Mühe gibt, einen Campingbus flottzumachen, dann soll es sich auch lohnen. Weit sollte es sein, warm und billig. Also Mittelmeer, auf der billigen, der jugoslawischen Seite. Von der Nordseeküste nach Budva, Montenegro. Rund 2.000 km einfache Strecke. Drei Grenzen, vier Währungen. Europa 1970. 30 PS, Höchstgeschwindigkeit 90 km/h. Na ja, nicht ganz. Es gab ein kleines Problem mit der Schaltung. Der vierte Gang wollte nicht einrasten. Da er zunächst funktionierte, wenn man den Schaltknüppel festhielt, brachten wir einfach unter dem Fahrersitz eine Feder an, in die wir den Schaltknüppel jeweils einhängten. Das hielt bis Dubrovnik. Auf dem Rückweg! Ab dort fuhren wir im dritten Gang mit maximal 60 km/h. Eine beruhigende Erfahrung! Dem Motor gefiel das weniger, was uns im Altmühltal die Bekanntschaft mit einem gelben Engel vom ADAC einbrachte. Wer hat schon eine Ersatz-Keilriemenscheibe dabei? Der Motorraum sah sehr dekorativ aus, voller silbriger Metallspäne der aufgelösten Keilriemenscheibe. Apropos Ersatzteile. Matschkis Vater hatte uns großzügig, zunächst leihweise, mit einem umfassenden Ersatzteilpaket ausgestattet. Er war schließlich Großhändler und wir unterwegs zum Ende der zivilisierten Welt. Sogar einen Anlasser und eine Zündspule hatten wir dabei. Nur an Zündkabel oder Kerzenstecker hatte niemand gedacht. Das bescherte uns einen außerplanmäßigen Aufenthalt auf einer Ausweichstelle der Küstenstraße. Wunderbare Aussicht, null Getränke oder Verpflegung. Campingbus damals und Wohnmobil heute sind nicht ganz dasselbe. Der jüngste, also ich, mit umfassender Autobastlererfahrung, begab sich per Anhalter in den nächsten Ort und beschaffte, mangels anderer Beute, ein Fiat-Zündkabel. Unser VW hatte Zündkabel mit Graphit-Seele, die man nicht abisolieren und um die Zündkerze wickeln konnte. Mit dem Fiatkabel und Isolierband kamen wir schließlich bis nach Hause. Eine zweite Panne ereilte uns am Strand von Bečići. Dort hatten wir einen schönen Tag mit einer Gruppe von Mädchen aus dem internationalen Jugendhotel verbracht. Ein platter Reifen hinderte uns daran, zu unserem wunderschönen Stellplatz an einer kleinen Flussmündung zurückzukehren. Matschki hatte  bei der Reisevorbereitung den Auftrag gehabt, die Radmuttern, die durch die lange Standzeit möglicherweise festgefressen waren, lockern zu lassen. Er hatte es vergessen. Beim Versuch, die Schrauben zu lösen, drehten wir das Radkreuz zu einer Spirale. „Kein Problem“, dachten wir. Wir hatten ja eine Dose mit Luft und  Reparaturschaum dabei. Aber keinen Adapter für das Ventil. Mit Hängen, Würgen und Zange brachten wir etwas Luft in den Reifen, um im Schritttempo vor eine Werkstatt zu schleichen. Dort weckte man uns am nächsten Morgen, weil wir die Einfahrt versperrten, und eine Stunde später waren wir wieder mobil.

 

Monika

Nun war ich ja nicht der einzige Wolff mit Campinggeschichte. Nein, die kleine Monika war schon als Kind auf Fernreise gewesen. Mit Onkel, Tante und Cousine an der Costa Brava. So um 1963 (nach Christi). Monika spricht von ihren schönsten Kindheitserinnerungen. Kann man verstehen! Im Detail davon berichten muss sie aber selbst. Ist ja ihre Website!

 

Weiter mit Stirnimus

Noch einmal zu unserem Stellplatz bei Budva. Von einem wie diesem träumen heute wohl noch viele Camper. Direkt im Winkel zwischen einem Dünen-Sandstrand und einem kleinen Fluss. Einige Hundert Meter weiter ging der Strand in eine Felsküste mit kleinen Sandbuchten über. In den Dünen stand ein windschiefes Toilettenhäuschen mit Plumpsklo. (Unglaublich, wie groß Schmeißfliegen werden können! Und wie bunt sie schillern!) Also ein bewirtschafteter Campingplatz! So jedenfalls verstand es der Mann, der aus dem Nichts plötzlich auftauchte und die Hand aufhielt. Ein paar Dinare und er war zufrieden. Wir auch. Zwei Jahre später kehrte ich mit Monika noch einmal dorthin zurück. Dann war die Belegung schon um mehrere Hundert Prozent angewachsen. Also zwei oder drei weitere Camper. 

Für den Rückweg nach Wilhelmshaven hatten wir uns eine etwas andere Route ausgesucht. Es ging hinter Dubrovnik durch das Landesinnere über Banja Luka und Sarajevo Richtung Ljubljana. Das war nicht unspannend. Wir hatten gehofft, noch eine Einkaufsmöglichkeit zu finden und waren, bis auf ein paar Kekse und etwas Wasser, versorgungsmäßig ziemlich blank. Weil wir nichts fanden, fuhren wir einfach weiter in die Nacht hinein. Das war wirklich eine denkwürdige Fahrt. Im Radio lief, immer wieder durch schlechten Empfang unterbrochen, eine Übertragung des Weltmeisterschaftsspiels Deutschland - England. Die Straße war teilweise nicht befestigt. Am Straßenrand sahen wir das Wrack eines Panzers. Wohl noch aus dem zweiten Weltkrieg. Mitten in der Dunkelheit versperrte uns plötzlich eine Gruppe Männer den Weg. Zivilisten, finstere Typen, mit Gewehren bewaffnet. „Papiere! Passport!“ Nun war unser Freund Matschki durchaus mit Humor gesegnet. Außerdem hatten wir gerade England besiegt. Matschki hatte einen Angelschein. Mit Foto. Den zeigte er vor. Der Anführer betrachtete ihn mit wichtiger Miene „Is gutt!“ und winkte uns, weiterzufahren. Soll noch einer sagen, die Leute auf dem Balkan seien nicht kompetent! Nach unserer Rückkehr erwartete uns zuhause bereits ein Haufen Anfragen von Kaufinteressenten für unseren Stirnimus. Matschki, ganz Kaufmann, hatte ihn schon vor Abfahrt in der „Auto, Motor und Sport“ zum Verkauf angeboten. Für 1.800 DM! Wegen des kleinen Getriebeproblems verkauften wir ihn dann für 1.500 DM. War ja immerhin ein Campingbus mit Westfalia-Ausstattung. Unter dem Strich hatte unser Urlaub nichts gekostet. Nicht schlecht, oder?

 

Bei Budva, 2 Jahre nach Stirnimus. Der Strand ist hinter den Dünen
Bei Budva, 2 Jahre nach Stirnimus. Der Strand ist hinter den Dünen

Wolffs Zeltvilla

Eben erwähnte ich eine gewisse Monika. Die kannte ich seit Anfang 1970 als Kollegin bei der Sparkasse. Wir waren uns näher gekommen und hatten uns angefreundet. Mitte 1970 war die Beziehung kurz unterbrochen, auch weil ich mich erfrecht hatte, mit meinen Freunden und ohne sie in Urlaub zu fahren. Nach diesem Urlaub brachte uns ein Ausflug der Lehrlinge und Jungangestellten nach Amsterdam einander wieder näher. Sehr nahe. Wir waren mit vier PKW unterwegs und übernachteten in den Autos, weil wir kein Hotel unserer Preisklasse gefunden hatten. Die Autos an einem Feld zu einer Art Wagenburg zusammengestellt, vier Leute in jedem Auto. Gemütlich! In meinem VW Käfer saßen hinten Frank und Wolfgang, vorne Monika und ich. Meine Position war durchaus günstiger zu bewerten. Seit dieser Nacht sind Monika und ich endgültig zusammen. Gegen unsere Sparkasse ist Tinder ein Jungfernstift. Nun planten wir für das kommende Jahr eine gemeinsame Reise nach Irland. Eigentlich mit meinem Käfer. Der hatte aber kurz zuvor seinen Geist aufgegeben und die Reise wurde anders als geplant. Monika hat darüber einen Bericht geschrieben. Danach entwickelte sich unsere Ausstattung geradezu explosionsartig. Ich erwarb einen  langstreckenfähigen VW Käfer, 1200er, 34 PS. Dazu ein gebrauchtes Steilwandzelt mit doppeltem Innenzelt. Ausgelegt für fünf Personen. Dazu einen Wind- und Sichtschutz, einen zusammenlegbaren Kleiderschrank und einen Hängeschrank für die Küche. Tisch, Stühle, Liegen, Luftmatratze, Schlafsäcke, Camping Gaz Kocher, Lampe, Geschirr, Töpfe, Pfanne. Eine komplette Camping-Ausstattung, mit der es dann 1972 wieder Richtung Budva ging. Der Käfer hinten bis zu den Fenstern wohlgefüllt. Der „Kofferraum“ vorne bot ja gerade Mal Platz für etwas Kleinkram. 

Der Begriff „Glamping“ war noch nicht erfunden. Die Urlaubsform schon. Von uns! Zwischenübernachtungen auf der Reise fanden im Hotel statt. Wenn wir bei Regenwetter ankamen, ging es zuerst ins Hotel. Sah es vor unserer Rückreise nach Regen aus, wurde trocken eingepackt und ins Hotel umgezogen. Unsere Ausrüstung war immer picobello und nach der Rückkehr sofort bereit für den nächsten Urlaub. Wir übrigens auch. Die paradiesischen Zustände bei unserem ersten gemeinsamen Campingurlaub hatten noch eine weitere Folge. Wir waren nicht nur in einer paradiesischen Umgebung, sondern auch weitgehend allein. So stellte sich die Frage, warum wir uns zum Baden etwas anziehen sollten, um es danach auszuziehen, zu trocknen und zum erneuten Baden wieder anzuziehen usw. Also ließen wir es und blieben im Urzustand. Dann sahen wir auch keinen Grund mehr, uns nach dem Baden anzuziehen und blieben auch rund um das Zelt, wie wir waren. Und siehe da, wenn wir Leute trafen, selten genug, machten die es genauso oder hatten kein Problem mit uns. Wir auch nicht mit denen. Dieses freie und unkomplizierte Leben gefiel uns richtig gut. Wenn wir dann abends in die Stadt zum Essen fuhren, machten wir uns landfein und man sah uns nicht an, dass wir Camper waren.

 

Das Ehepaar Wolff am 21. April 1973
Das Ehepaar Wolff am 21. April 1973

Hochzeit und Hochzeitsreise

Ostern 1973, im April, heirateten wir. Hier kam Ptü (gesprochen Petüh), mein Campingfreund aus Kindertagen, wieder zum Einsatz. Weder unser Gemeindepfarrer, noch der Standortpfarrer der Marine, der mich konfirmiert hatte, war bereit, uns am Ostersamstag, in der Karwoche, zu trauen. Wir aber hatten einen festen Plan, generalstabsmäßig ausgearbeitet: Gründonnerstag, 19. April 1973, Standesamt, abends Polterabend im Kleingärtnerheim mit Tanzmusik, gespielt von meinem Vater und einem Kollegen vom Marinemusikkorps, Karfreitag ausschlafen. Samstag kirchliche Trauung, danach Hochzeitsfeier im Restaurant „Balkan Grill“. Sonntag ausschlafen. Montag, 23. April Abreise zur Hochzeitsreise. Da passten Zickereien von irgendwelchen Geistlichen nicht hinein. Also gab es ein Gespräch mit Ptü, der als Pragmatiker bekannt war und mein Vertrauen hatte. Der erkannte im Gespräch, dass wir es ernst meinten und traf eine klare Güterabwägung „Wenn ich die an Ostersamstag nicht traue, fällt die kirchliche Trauung komplett aus und die Kirche verzeichnet zwei Abgänge.“ Sein Kompromissvorschlag kam an: Trauung nicht in der großen Kirche, sondern in der kleinen Kapelle. Na also, geht doch! Den kleinen Raum füllten unsere Gäste aus und es war eine sehr schöne Trauung. Leute wie dieser Mann sind der Grund, warum ich der Kirche noch nicht vollständig den Rücken gekehrt habe. Einer der Trauzeugen war übrigens Matschki. 

Planmäßig ging es am Montag los Richtung Süden. Wir hatten, dank unserer minutiösen Planung sage und schreibe sechs Wochen Urlaub vor uns. Inklusive  Resturlaub, Feiertage und Sonderurlaub wegen Hochzeit. Inzwischen hatten wir auch ein neues Auto. Meinen ersten Neuwagen, einen Renault R5TL, orange, 40 PS. Für 7.200 DM neu gekauft. Natürlich voll gepackt mit unserer üppigen Campingausrüstung. Wieder genau bis Unterkante Fenster. Dieses Mal sollte es nicht ganz so weit gehen. Nach Istrien. Dort gibt es Koversada, eines der größten FKK-Gelände der Welt, gleich nach der Kalahari und dem Amazonasgebiet, wo noch einige andere Naturvölker weitgehend unbekleidet herumlaufen. Im Unterschied dazu gab es hier eine Vielzahl verschiedener Restaurants und Geschäfte. Damals jedenfalls. Wir hatten das freie Leben ohne Kleiderzwang im Jahr zuvor schätzen gelernt, waren aber nicht scharf auf die Mitgliedschaft in einem entsprechenden Verein und die dazugehörige Vereinsmeierei mit Funktionären und dem, was wir als sektiererisch empfanden. Außerdem wollten dieses Mal nicht so weit fahren und trotzdem sicher gehen, dass wir nirgendwo unangenehm auffallen. Nachdem wir bei schlechtem Wetter angekommen waren, blieben wir die ersten Tage in einem Bungalow, bis wir unser Zelt auf einer großen Wiese aufbauten. Dort waren wir völlig allein und konnten sogar zwischen zwei Sanitärgebäuden wählen, die wir  allein für uns hatten. Die Vorsaison hat eben auch Vorteile. Nicht weit von unserem Platz gab es im Gelände ein kleines Einkaufszentrum, in dem das Hauptrestaurant geöffnet hatte. Dort konnten wir Halbpension buchen und nutzten diese Bequemlichkeit aus. Man erkannte an dem Brautschleierfetzen an unserer Antenne, dass wir frisch verheiratet waren und behandelte uns sehr freundlich. Natürlich versorgten wir uns auch selbst. Lustig war mein Versuch, ein Steak in Ziegenkäse zu braten, weil ich die Sprache nicht verstanden hatte und glaubte, Butter gekauft zu haben. Überhaupt waren die Supermärkte eine besondere  Erfahrung. Wer einmal in einem sozialistischen Supermarkt der 70er Jahre eingekauft hat, weiß, was ich meine: Lange Regalreihen mit immer demselben Produkt.  Einheimisch! Unsere gewohnten Markenprodukte waren jedenfalls nicht zu finden. Wer „Cocta“ probiert hat, lernt, Coca oder Pepsi Cola zu schätzen. Dafür waren die einheimischen Produkte nicht sehr teuer. Jungen Leuten muss man an dieser Stelle vielleicht unsere Erfahrungswelt vor Augen führen. Wir waren in der Provinz aufgewachsen und hatten sehr spärliche Auslands- und Reiseerfahrungen. Die erste Auslandsreise meines Vaters hatte ihn mit der Marine nach Norwegen geführt und mit der Kriegsgefangenschaft geendet, aus der er dann nach Lübeck entlassen wurde. Er hatte übrigens positive Erinnerungen an diese Reise. Das lag wohl auch daran, dass einige Norwegerinnen sein Eindringen nicht so schlimm fanden. Ich bin ziemlich sicher, dass in Skandinavien einige Leute heute mit Genen herumlaufen, die auch in mir zu finden sind. Er war halt Musiker. Bei meiner Mutter ging die erste Auslandsreise auf der Flucht von Ostpreußen über die Ostsee nach Dänemark und von dort aus nach Lübeck, wo sie meinen zukünftigen Vater traf. Sie heirateten, damit er nicht in seine Heimatstadt Frankfurt/Oder, zu den Russen musste. Nach der Hochzeit lernten sie sich näher kennen. Den ersten gemeinsamen Urlaub machten sie erst lange nach meiner Heirat. Ich habe niemals einen Urlaub gemeinsam mit meinen Eltern erlebt. Anfang der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts war die Welt durchaus noch etwas anders als heute. Deshalb kann ein solcher Bericht eben auch erhellend wirken. 

Der nächstgelegene Ort, Vrsar, zu dem Koversada gehört, ist noch heute für uns der Traum von einem kleinen mediterranen Fischerhafen. An einer Bucht hinter vorgelagerten Inseln lag der Hafen, um den, quasi in U-Form, eine „Promenade“ herumführte, an der einige Restaurants lagen. Gegenüber vom Ort, zu dessen Zentrum es ziemlich steil auf einen Hügel geht, dominiert von einem wunderschönen Kirchturm, lagen zwei Restaurants mit Blick über den Hafen auf den Ort. Eines rot und eines blau dekoriert, mit Terrassen, die auf Plattformen in den Hafen hineingebaut waren. Das blaue, unser Favorit, hieß „Jadran“. Wir hielten das für den Namen des Besitzers. Erst viel später kamen wir dahinter, dass das einfach „Adria“ bedeutet. Wie auch immer, der Mann war ein guter Gastgeber und wir fühlten uns dort immer sehr wohl. Für uns Reiseanfänger waren die Speisekarten in der Gegend auch sehr komfortabel. So gut wie alle identisch! In allen Restaurants. Ćevapčići, Pljescavica, Raznjići, Djuvec Reis, Krautsalat, Tomaten, Zwiebeln, Ajvar und wunderbarer, frischer gegrillter Fisch. Uns reichte die Auswahl. Tatsächlich war ja der Balkangrill zu der Zeit das erste und einzige Restaurant mit ausländischer Küche in Wilhelmshaven. Wir kannten die Speisekarte schon von dort. Kurz danach gab es in WHV auch noch einen Chinesen. Das exotischste Restaurant zuvor war „Vogelers Bayernhaus“ gewesen, wo es Haxn und Brathähnchen gab. Italiener kamen erst nach Wilhelmshaven, als wir schon in München lebten.

Weil wir gerade vom Essen reden ...

Natürlich waren wir mit allem ausgestattet, was wir brauchten. Auf Campingniveau! Zusammengefasst bedeutete das: Klein, leicht, unkaputtbar (Übrigens ein Werbebegriff von Coca Cola). Wir hatten einen einflammigen Camping Gaz Kocher mit den blauen Gaskartuschen. Eine Gaslampe mit den gleichen Kartuschen. Töpfe und Pfanne als Set aus Aluminium. Geschirr aus Kunststoff. Übrigens ist gerade in dieser Woche, während dieser Text entsteht, einer der orangenen Essteller von damals zerbrochen. Einfach so. Lausige Qualität, gerade mal 49 Jahre! Geschlafen haben wir auf einer Doppelluftmatratze. Auch unsere Schlafsäcke konnten wir per Reißverschluss verbinden. Wir waren schließlich jung! Die zusammengelegten Schlafsäcke benutzen heute unsere Katzen als gemütliches Bett. Wir haben sie sowohl im Dachzelt, als auch im Wohnmobil und Wohnwagen viele Jahre benutzt. Gute Einkäufe machen sich bezahlt.

 

Leutnant Wolff mit Gemahlin
Leutnant Wolff mit Gemahlin

Von Flieger Wolff zum Leutnant Wolff

Mitte 1973, also kurz nach unserer Hochzeitsreise, übernahm ich die Verantwortung für die Landesverteidigung. Nach der gründlichen Inspektion der Erdoberfläche im Bereich Roth bei Nürnberg vertiefte ich meine Kenntnisse im Raum München, um schließlich in Penzing bei Landsberg den militärischen Luftverkehr zu ermöglichen. Die Transall Transportmaschinen, für deren Wohlergehen ich damals verantwortlich war, sind inzwischen etwa ebenso lange unterwegs wie die Wolffs in Campingangelegenheiten. Eine eher kurze aber umso intensivere Campingerfahrung durfte ich im Dezember unseres Hochzeitsjahres beim Wintercamping im Sauwald bei Schongau machen. Das Ganze gehörte zur Offiziersausbildung und nannte sich „Überleben Land“, heute würde man „Survival“ sagen. Als Unterkunft dienten sogenannte „Dackelhotels“. Jeder Urlauber hatte eine Zeltbahn bei sich, die, zusammen mit dem Teil des künftigen Beischläfers, ein erdnahes Zelt ergab. Wer die gute Isolierung des berühmten Bundeswehrschlafsacks preist, hat noch nie bei minus 20 Grad damit im Dackelhotel geschlafen. Es war saukalt im Sauwald. Die Campingausrüstung war auch sonst eher rudimentär. Zum Kochen gab es einen Esbit-Kocher und das Aluminium Kochgeschirr. Wer einmal eine Nacht bei Schneeregen und Sturm durchmarschiert ist, der wird die Segnungen dieses kleinen Zubehörs zu schätzen wissen. Ein heißer Tee, zubereitet mit geschmolzenem Schnee, genossen an einem trockenen Plätzchen in einem Heustadel, kann echte Lebensqualität bedeuten. Der beabsichtigte Erfolg der Maßnahme half mir im späteren Leben tatsächlich oft, vermeintlich schwierige Situationen mit großer Gelassenheit zu bewältigen. Das „Überleben See“ (Sea Survival) , einige Wochen später, war deutlich angenehmer. Immerhin war das mit einer Reise nach Sardinien verbunden, wo wir den Umgang mit verschiedenen Flüssigkeiten probten. Auch die Erfahrung mit der Flüssigkeit zur inneren Anwendung, Wein genannt, half mir im späteren Leben. Ich lernte, dass exzessiver Genuss solcher Essenzen das Wohlbefinden nachhaltig negativ beeinflussen konnte. So empfand ich am nächsten Morgen den Aufenthalt in der 13 Grad warmen Flüssigkeit namens Mittelmeer angesichts meines damaligen Zustands als angenehm erfrischend. Aufgrund unseres neuen Wohnsitzes konnten wir unsere Campingreisen nun schon weiter südlich beginnen und es gefiel uns, frühzeitig loszufahren, um schon mittags unser Ziel zu erreichen. Die Autos wuchsen und mit ihnen die Ladekapazität. Immer voll ausgenutzt, natürlich nur jeweils bis zum Fenster, wie man es auf dem Foto unseres zweiten Renault 16 TS, nunmehr 83 PS, sehr schön sieht. Uns war einfach wichtig, auf unseren Sitzen uneingeschränkte Bewegungsfreiheit und Komfort zu genießen. Wer die Ladekapazität eines VW Käfer kennt, kann sich ausmalen, wie unsere Ausrüstung im R 16 mit Heckklappe gewachsen war.

Das Zelt schützte uns und unsere Sachen jahrelang zuverlässig vor Regen, Sturm und Wind. Gelegentlich mussten wir aber auch das Zelt schützen, weil mancher Gewittersturm doch recht heftig war. Dann hängten wir Wasserkanister und Taschen ins Gestänge. Manchmal auch uns selbst. Das war zwar nicht  besonders bequem, aber immer noch angenehmer als hinter dem fliegenden Zelt herzulaufen. Nach Jahren intensiver Nutzung sah man dem Zelt keinerlei Alterung an und wir konnten es zum Ankaufspreis weiterverkaufen. Vorteil bei einem Zelt ist die große Grundfläche. Nachteil ist natürlich die Packerei und die Abhängigkeit von der Infrastruktur des Campingplatzes. Dafür findet das Leben sehr naturnah statt. Bei schönem Wetter ist das wirklich schön. Bei Sauwetter kann das aber auch zur Sauerei ausarten. Wenn die rote Erde, die man im Mittelmeerraum oft findet, nass wird, gibt es schon einige Putzarbeit. Mit den eingeschränkten Mitteln des Campinglebens nicht so einfach. Da wir gern in der Vorsaison unterwegs waren, passierte das natürlich mehrfach.

Irgendwann hatten wir dann auch zunächst genug davon. Außerdem hatten wir uns einen Urlaub in Schweden in den Kopf gesetzt. Natürlich Richtung Polarkreis. Weil wir in mehreren Etappen fahren wollten und und auch mit dem Wetter nicht so sicher waren, buchten wir über den ADAC eine Package Tour und ein Ferienhaus am Bottnischen Meerbusen. Klar, von Norddeutschland aus war es ans Mittelmeer gegangen und nun, von Süddeutschland aus, lockte die nördliche Ostsee. Es ging mit der Fähre von Kiel nach Göteborg und weiter in Etappen bis Piteå am Bottnischen Meerbusen, wo das Ferienhaus auf uns wartete. So eine Package Tour war recht praktisch. Wir hatten ein Gutscheinheft für Übernachtungen in Esso Motor Hotels (später waren das die Queens Hotels). Im Laufe des Tages riefen wir das Hotel an, in dem wir nächtigen wollten, und alles war arrangiert. Das Ferienhaus war sehr schlicht aber die Anlage war einfach traumhaft, endloser Sandstrand und es herrschte unsere gewohnte Kleiderordnung. Sogar mit dem Wetter hatten wir ein Riesenglück. Untypisch, wie man uns erzählte, war das Fehlen der saisonalen Mückenplage. Wir lernten ein nettes Ehepaar kennen, das den ersten Urlaub mit seinem Adoptivkind aus Peru verbrachte. Ein Höhepunkt war sicher das gemeinsame Surströming-Essen. Das ist eine norrländische Spezialität. Ostseehering, der komplett, nicht ausgenommen, konserviert wird und in der Dose gärt. Wenn die Dosen dann kugelrund vom Überdruck sind, prüft eine Expertenkommission, ob keine Vergiftungsgefahr (Botulinus!) besteht. Man nimmt also eine dieser freigegebenen Dosen und öffnet sie. Ganz einfach! Nur sollte man den Überdruck nicht vergessen. Sobald man hineinsticht, gibt es einen meterlangen Strahl der  unter hohem Duck herausschießt. Man sollte dabei besser nicht im Weg stehen. Der Gestank ist wirklich unglaublich. In der Surströming-Saison riecht man weithin, wo die echten Genießer wohnen. Aus dem appetitlichen Inhalt pult man nun die kleinen Filets heraus, die erstaunlich gut schmecken. Dazu gibt es „Mandelkartoffeln“, Fladenbrot und, natürlich, Dünnbier und, ganz wichtig, Aquavit. Auch nicht schlimmer als das „Fleckessen“ (Pansen) der Ostpreußen. Wir Männer hatten reichlich Gesprächsstoff. Er war, wie ich, Nachschuboffizier. Bei der schwedischen Armee. Sie luden uns ein, auf dem Rückweg Station bei ihnen zu machen und er zeigte mir seinen Arbeitsplatz. Interessant. Natürlich erkundeten wir, wie immer, die Umgebung unseres Standortes. Besonders beeindruckend war Jokkmokk in Lappland, nördlich des Polarkreises. Im klassischen Sinne war dies zwar kein Campingurlaub, aber bis auf die Hütte statt Zelt war es schon sehr ähnlich.

 

Das "Angeberauto”
Das "Angeberauto”

Jahre ohne Camping

1977 war die Republik zunächst gerettet und ich machte mich selbständig. Da war es erst einmal vorbei mit regelmäßigem Urlaub. Erst recht mit geplantem Urlaub. Es ging immer mal für ein paar Tage spontan auf Tour. Mit kleinem Gepäck, ohne große Vorbereitung. Auch nicht schlecht, aber anders. Sehr schöne Erlebnisse, teils auch sehr teure Erfahrungen. Viele Jahre hatten wir Spaß daran. Auch heute machen wir gern Kurztrips, Städtereisen mit Hotelübernachtungen. Alles zu seiner Zeit. So auch bei den Autos. Unser R5 war unser erster Neuwagen gewesen und insofern eine Offenbarung. In München allerdings lud der größte örtliche Renault-Händler zu einer Präsentation ein. Es folgte unser erster R16. Leise, komfortabel, schnell. Schon ein Jahr später folgte der zweite, weil man uns zuerst ein Haldenauto angedreht hatte. Nach intensivem Schriftverkehr hatte man uns einen Neuwagen zugestanden. Der war ein Spritsäufer und der Service von Renault nicht überzeugend. Bei Mercedes gab es damals Lieferzeiten bis zu fünf Jahre. Für mich nicht. Ich besorgte mir eine Durchwahlnummer ins Werk in Stuttgart und rief dort einfach an. „Ist Ihr Jahreswagen noch verfügbar?“ „Oh, das tut mir leid, gerade weg, aber ein Kollege will seinen gerade anbieten, ich verbinde Sie mal.“ Wenig später fuhren wir per Bahn nach  Stuttgart und holten einen neuwertigen 200 Diesel Jahreswagen ab. Eine sehr angenehme Erfahrung! Der Verkäufer lud uns zum Essen ein, tankte den Wagen voll und wünschte uns gute Fahrt. Da kann sich heute mancher Autohändler eine Scheibe abschneiden! Fünf Jahre lang war unser Diesel ein zuverlässiger Begleiter. Unmittelbar nach dieser Transaktion bestellten wir einen Neuwagen mit Liefertermin in weiter Ferne. Irgendwann wirkte meine Temperamentbremse nicht mehr und ich wurde unruhig. 55 PS und 30 Sekunden von Null auf Hundert. Höchstgeschwindigkeit knapp 130 km/h. Das beruhigt nicht immer. 1979 begleitete ich einen Bekannten zu seiner Autowerkstatt. Dort lungerte ich herum und schaute Autos an. Ein Gerät stach direkt ins Auge. Chevrolet Camaro, V8, 5,7 Liter Hubraum, Automatik, Klimaanlage, elektrische Fensterheber, Servolenkung... eine neue Dimension! Auf der Probefahrt brauchte ich alle vier Fahrspuren der Prinzregentenstraße in München. Das Ding war riesig, leichtgängige Servolenkung Kraft ohne Ende. Angeblich auf 170 PS heruntergeregelt. Er gehörte mir! Monika reklamiert heute die Kaufentscheidung für sich. Wir passen eben zusammen! Dem Chef der Firma, für die ich Häuser verkaufte, gefiel dieses Angeberauto nicht. Ich war zwar selbstständig , aber er hatte die Häuser. „Wenn Ihnen das nicht gefällt, geben Sie mir doch einen von Ihren!“ So hatte ich dann zusätzlich noch einen gebrauchten Mercedes 280 S, weiß, den ich der  Firma später abkaufte. Nicht viel später wurde der vor langer Zeit bestellte Mercedes avisiert. Nur die Details mussten noch festgelegt werden. Es wurde ein weinroter 280 SE Automatik mit hellbraunen Ledersitzen usw. Das erste Auto mit ABS. Man gönnt sich ja sonst nichts! Es hat schon etwas, wenn man mit einer S.Klasse majestätisch mit Sondergenehmigung durch den Fußgängerbereich in Sirmione zum 5-Sterne-Hotel rollt. Eine Zeit lang fuhr ich mehrere Autos parallel und räumte nach und nach im Fuhrpark auf. Die Freiheit eines Campingurlaubs ist allerdings nicht einmal mit dem schönsten Hotel zu vergleichen. Eigenes Bett, absolut freie Zeiteinteilung, eigene Versorgung. Nicht jeden Morgen im Frühstücksraum. Zu festen Zeiten. Ja, wir können es, wenn wir wollen, müssen es aber nicht jeden Tag. Kurz, irgendwie juckte es schon wieder. 1985 hatte der Mercedes 120.000 Kilometer und fünf Jahre auf dem Buckel. Damals ein uraltes Auto! Monika hatte einen wunderschönen Ford Escort RS Cabrio. Nagelneu! Super für unsere Ausflüge und Kurzreisen. Für Langstrecken gab es ja Bahn und Flug. Ich schaffte mir einen Geländewagen, einen Nissan Patrol, an. Keinen SUV, einen Geländewagen! Mit „Bullbar“ hinten und vorne und einem soliden Dachträger. Damit konnte man wirklich fast überall hinfahren. Für Tagesausflüge schaffte ich eine Plane an, die ich am Dachträger befestigen konnte. Der untere Teil der Heckklappe konnte als Tisch dienen. Schon ganz prima! Nur Übernachten wäre etwas arg primitiv gewesen. So schaffte ich ein Dachzelt an. Tolles Ding! Klappbar, schnell auf- und abgebaut. Sehr solide und mit Auspuffschellen am Dachträger sicher befestigt. In ausgeklapptem Zustand ergab sich sogar noch ein kleines Vordach mit einem geschützten Platz darunter. Dazu die Plane und das Ambiente war perfekt. Ein Test an der Isar verlief überzeugend.

 

Noch eine Augenweide. An der Isar mit Patrol und Dachzelt
Noch eine Augenweide. An der Isar mit Patrol und Dachzelt

Camping Neubeginn

Der erste Urlaub sollte nach Baška gehen, auf der Insel Krk in Kroatien. Der Platz wurde als landschaftlich besonders schön angepriesen. War er auch. Auch die Kleiderordnung entsprach unseren Vorstellungen. Ein wunderschöner Platz an einer Bucht, terrassiert, beiderseits eines Tals. Die Spanier nennen so etwas Barranco. Mit unserem Patrol konnten wir mühelos ein wunderschönes Plätzchen am Rand erreichen. Traumhafte Aussicht, nicht zu weit zum Strand. Zum Ort Baška mit seinen Restaurants führte neben der Zufahrtsstraße auch ein kürzerer Weg direkt an der Steilküste entlang. Solange unsere Unterkunft aufgestellt blieb, waren wir nämlich Fußgänger. Also gingen wir am frühem Abend bei bestem Wetter los, hatten ein gutes Essen, guten Wein und fühlten uns rundum gut. Für den Rückweg entlang  der Klippen hatten wir eine Taschenlampe dabei. Beim Aufbruch hörten wir ein leichtes Grollen aus der Ferne. Nu aber los! Ein Gewitter dräute. Wir schritten also wacker aus und das Gewitter näherte sich noch schneller. Zu schnell! Wir hatten bis dahin keinerlei Erfahrung als Passagiere in einer Waschmaschine machen können. Jetzt ja. Das Wasser kam wirklich von allen Seiten, begleitet von Sturm, Blitz und Donner. Wir mittendrin! Wirklich beeindruckend. Vor allem, weil der Weg an der Steilküste klebte. Ein Fehltritt hätte eine längere unerwünschte Abwärtsbewegung zur Folge haben können. Hinzu kommt, dass ich Brillenträger bin. Der Regen förderte meine Sehfähigkeit nicht. Wir krochen auf allen Vieren zum Campingplatz. Dort angekommen, wartete eine weitere Herausforderung. Über den Barranco führte eine Brücke zur anderen Seite, wo unser Anwesen auf uns wartete. Nur auf welcher Ebene der vielen Terrassen? Wenn man alles sehen kann, ist das ganz einfach. Sonst nicht! Jetzt war sonst! Gefühlt irrten wir stundenlang herum, gelegentlich beleuchtet von Blitzen und orientiert an vereinzeltem warmem Licht aus Wohnwagenfenstern. Schließlich erreichten wir das traute Heim. Hatte ich erwähnt, dass unser Zelt Fenster hatte? Öffnungen, mit Fliegengaze gegen Ungeziefer. Zusätzlich mit Stoffklappen zum Wetterschutz. Beim Aufbruch war das Wetter hervorragend gewesen. Ideal zum Lüften. Nicht so ideal bei Gewitter. Wir hatten die Fenster offen gelassen und das Zelt inklusive der Schlafsäcke war pitschnass von innen. Zum Glück hatten wir trockene Sachen und Handtücher im Auto. Wir zogen uns aus, trockneten uns ab, zogen trockene Sachen an und hängten Schlafsäcke und die nassen Sachen auf die Leine. Gepolstert mit trockener Wäsche aus dem Auto wurde es im Zelt doch noch ganz gemütlich. Als wir am nächsten Morgen aufwachten, schien die Sonne und fast alles war wieder trocken. Nur der Inhalt meines Portemonnaies war noch nass. Seitdem war mein Führerschein nicht mehr lesbar. Das Foto war nicht nur nicht mehr zu erkennen, es war nicht einmal erkennbar, dass es sich um ein Foto handelte. Seit dieser Nacht geisterte mir immer wieder das Bild vom Licht aus den Wohnwagenfenstern im Kopf herum. Festes Dach, feste Wände, trockenes Bett, Heizung - welch ein Komfort!

 

Unser Willi
Unser Willi

Camping mit Hund

Am 7. Oktober 1986 stieß Willi zu uns. Unser Hund. Ca. 1 Jahr alt, 25 Kilo, 50cm Schulterhöhe und sagenhaft schnell. Er hatte im Tierheim München auf genau uns gewartet. Willi blieb unglaubliche 17 Jahre und 4 Monate bei uns, wurde Teil unseres Lebens und bestimmte für lange Zeit nicht nur unser Urlaubsverhalten. Sofort stellte sich die Frage, wie wir nun mit Hund in Urlaub fahren konnten. Jetzt war Camping wieder ein Thema. Wir entschieden uns, probehalber ein Wohnmobil zu mieten. Natürlich möglichst  komfortabel, mit separatem Schlafzimmer, weil wir nicht jeden Tag Betten bauen wollten. Es wurde ein Hobby 600 auf Fiat Ducato Basis. Immerhin 6,20 m lang, pralle 72 PS, nagelneu. Erstbezug! Damals ein hochmodernes Teil. Mit Porta Potti, lose im Dusch-/Wasch-/Toilettenraum. Ein Riesenfortschritt zu allem, was wir bisher gehabt hatten!  Wir reisten 1987 in Etappen nach Süditalien, Gargano. Das ist am Absatz des Stiefels.  Zwischen Pescici und Vieste gab es einen wunderschönen Campingplatz, San Nicola. Direkt an einer Bucht, unmittelbar am Sandstrand, unser Stellplatz in erster Strandlinie. Rechts steile Klippen mit den abenteuerlichen Holzkonstruktionen der Angelfischer. Links auf einer Anhöhe ein romantisches Restaurant mit unglaublichem Blick. Da wir in der Vorsaison reisten, war das Platzrestaurant noch geschlossen. Also lange Fußmärsche! Die Versuche, in den kleinen Küstenstädchen mit dem Wohnmobil zu parken, waren schon etwas mühsam. Hinzu kam, dass tatsächlich unser schöner Platz besetzt war, als wir am ersten Abend vom Essen zurück kamen. Trotzdem war es schön. Ein Ausflug an einem verregneten Tag führte uns zunächst nach Vieste und dann nach Mattinata. Das Wetter war hundsmiserabel, wir hatten Hunger und keine Lust, noch weiter zu fahren. Auf dem Weg hatten wir mehrere Werbeschilder vom „Ristorante Papone“ gesehen und fragten uns dorthin durch. Der Weg dahin war eine echte Herausforderung für unseren 72-PS-Boliden. Zumal enge Aufwärtskurven bei Kopfsteinpflaster nicht gerade die Domäne eines hecklastigen Fronttrieblers sind. Wir erreichten  das Restaurant bei strömendem Regen und waren samt Hund patschnass, als wir den Windfang betraten. Vorausschauend hatten wir Handtücher für uns und Hund dabei. Man ließ uns tatsächlich mit Hund hinein, setzte uns aber in die abgelegenste Ecke des recht großen und weitgehend leeren Restaurants. Egal, das Essen war gut und wir machten eine Entdeckung, die Europa verändern sollte. In unserem Salat waren Blätter, die uns schmeckten, aber uns völlig unbekannt waren. Auf unsere Frage erklärte man uns, das sei “Rucola“. So, so! Löwenzahn? Nein Rucola! Das Wörterbuch sagte „Rauke“. Das machte uns nicht klüger. Nach unserer Rückkehr versuchten wir, das Kraut in München zu bekommen. Supermarkt, Gemüsehändler, Wochenmarkt? Fehlanzeige! Wir fragten bei Feinkost Käfer, Dallmeier. Unbekannt! An einem Gemüsestand am S-Bahnhof Haar wurden wir fündig. „Rucola? Kann ich besorgen. Auf Vorbestellung immer Donnerstags!“ Also hatten wir von nun an immer Donnerstags Rucola. Das war im Sommer 1987. Damals trat Rucola seinen Siegeszug an. Durch uns! Nach dem Essen und dem guten Wein fragten wir, ob wir auf dem Parkplatz übernachten durften. Wir durften. Am nächsten Tag hatten wir herrliches Wetter und sahen, dass das Restaurant eine sehr schöne Lage und herrliche Aussicht hatte. Ein idealer Platz, um im Wohnmobil zu frühstücken. Unvergessen der Moment, als ein alter Mann mit seinem Esel vorbeikam, auf dessen Rücken es sich ein kleiner Hund gemütlich gemacht hatte. 

An einem weiteren regnerischen Tag wurden wir von anderen Campern in deren Fendt-Wohnwagen zum Kaffee eingeladen. Wir fanden den Wohnwagen erstaunlich geräumig im Vergleich zu „unserem“ deutlich längeren Wohnmobil. Dieselben Leute empfahlen uns einen Campingplatz in Sorrento, bei Neapel auf der anderen Seite des Stiefels.  Auf dem Weg dahin machten wir Station in Amalfi. Frech wie Oskar fragte ich am Hafen einen Polizisten, ob wir direkt an der Promenade übernachten durften. Wir durften unter der Bedingung, dass wir am nächsten Morgen vor 8:00 Uhr verschwunden sein mussten, bevor die ersten Busse eintreffen. Dann empfahl er uns noch ein Restaurant in der Altstadt, wo ich zum ersten Mal Gnocchi mit Tomatensauce aß. Ein Gedicht! Am nächsten Morgen brachen wir pünktlich auf und kauften unterwegs frische Croissants. Oberhalb von Amalfi parkten wir dann auf einem Aussichtsparkplatz mit grandiosem Blick und frühstückten mit frischem Kaffee und den gerade erworbenen Croissants. Das sind die Momente, von denen  Wohnmobilisten schwärmen! Weiter ging es zum empfohlenen Platz in Sorrento. Wirklich ein Traum mit Blick auf Capri, den Vesuv und Neapel. Auf dem Platz die beste Pizza, die wir je gegessen hatten. Ansonsten lange Fußmärsche. Unvergesslich ein Ausflug nach Capri. Weil wir schon mal da waren, griffen wir tief in die Tasche und leisteten uns ein Taxi für eine Rundfahrt. Ein damals schon uralter Fiat 2.000, verlängert und mit abgeschnittenem Dach. Cabrio auf Capri! Wir saßen hinten, der Hund zu unseren Füßen. Mittags in Anacapri Seezunge mit einem knackigen Salat und leichtem Weißwein. Schöner kann man mediterrane Lebensart nicht erleben. Auch unsere Einkäufe konnten sich viele Jahre lang sehen lassen. Hochelegant und von allerbester Qualität. Und sündteuer. Eine wunderschöne seidene Valentinokravatte wurde 10 Jahre später Opfer der Weiberfassnacht in Böblingen, während ein bekannter Bauträger aus Denia seine Angebote vorstellte. Auf dem Rückweg machten wir Station auf einem besonders schön gelegenen Platz in der Maremma, einem Naturschutzgebiet nahe Grosseto in der Toscana. Direkt hinter den Dünen, die den Platz von einem unendlichen weißen Sandstrand  trennten. Hier hatte besonders unser Willi seine Freude, weil er sich mit dem Hund der Platzbetreiber anfreundete und beide ausgelassen herumtoben durften. Selbst die Gäste im gemütlichen Restaurant hatten ihre Freude daran und es wurde ein langer und schöner Abend. Die nächste Etappe führte uns nach Siena auf einen Campingplatz am Stadtrand. Das Restaurant war mal wieder geschlossen und man empfahl uns ein gutes Restaurant weiter außerhalb, das man zu Fuß gerade noch erreichen konnte. Wir erreichten es nach langem Fußmarsch. Durstig und mit rundgelaufenen Füßen. Schon vor dem Eingang kam uns der Besitzer entgegen und winkte ab „Il cane no!“ Nun standen wir also immer noch durstig und mit Wut statt Essen im Bauch mitten in der Walachei. Wir versuchten, ein Taxi anzuhalten. Der erste Fahrer wollte uns mit Hund nicht mitnehmen. Den nächsten Fahrer konnten wir mit Geld und dem Versprechen, dass der Hund sich nicht aus dem Fußraum bewegt, überreden, uns zu einem Restaurant in der Stadt zu fahren. Er brachte uns zu einer finsteren Spelunke, auf die wir freiwillig kaum aufmerksam geworden wären. Sogar dort mussten wir uns in einem kahlen Nebenraum im wahrsten Sinne abspeisen lassen. Die Erlebnisse dieses Abends vermiesten uns Urlaube in Italien für viele Jahre.

 

Reisen wie Wolffs in Frankreich
Reisen wie Wolffs in Frankreich

LMC Wohnwagen

Zurück in München zogen wir Bilanz. Reisen mit dem Wohnmobil war eine tolle Sache. Wenn man doch bloß flexibler wäre. Fahrrad? Motorroller? Nicht schlecht, aber mit Hund? Bei Sauwetter? Wohnmobil mit PKW auf Anhänger? Sieht man schon öfter, aber ... Im Februar 1988 kauften wir auf der Caravan und Boot in München einen Wohnwagen, LMC. Mit separatem Schlafraum, eigener Wasserversorgung und Kassettentoilette. Damals noch besonderer Luxus. Bescheiden wie wir sind, hatten wir zwei Zugfahrzeuge. Besagten Nissan Patrol mit Allradantrieb und Mordskraft, dann den Patrol GR Station, lang mit Turbodiesel, und später zusätzlich einen Saab 900 Turbo Cabrio mit 156 PS und Automatik. Letzteres Gespann war schon ein Hingucker. Das rote Cabrio mit hellen Ledersitzen und hinten dran der cremefarbene Wohnwagen mit Akzenten in demselben Rot. Weil man mit dem Anhänger damals ohnehin nur 80 km/h fahren durfte, konnte man mit dem Cabrio gemütlich offen fahren. Das war echtes Urlaubsfeeling! Am Zielort war man dann auf angenehmste Weise mobil. 

Wenn man sich die Plätze so anschaut, die wir im Laufe der Jahre bevölkert haben, dann könnte vielleicht auch der eine oder andere Campingmuffel nachdenklich werden. Wir haben in ganz Europa Plätze gefunden, die ganz das Gegenteil darstellten von den parzellierten Massenunterkünften mit Gartenzwergidylle, die oft als typisch für Camping angesehen werden. Wir standen auf naturbelassenen Plätzen, zwischen Olivenbäumen und mitten im Wald. Direkt am Strand und auf Aussichtsplattformen am Berg. Keine Nachbarn, die uns auf die Pelle rückten. Trotzdem Begegnungen mit angenehmen Menschen und schöne, gesellige Abende. Und wir waren unabhängig! Wenn es uns nicht gefiel, konnten wir weiterfahren. Als wir das erste Mal mit dem großen Patrol in Frankreich an der Atlantikküste bei Soulac waren, hatten wir zwischendurch schlechtes Wetter. Also ließen wir den Wohnwagen ein paar Tage stehen, packten unseren Willi ein, fuhren nach Biarritz und ließen uns in einem 5-Sterne Hotel verwöhnen. Nicht nur uns! Nie zuvor hatten wir gesehen, dass im  Zimmerservice ein Hundemenü angeboten wurde. Wir bestellten es und als es kam, lief unser Willi auf den Hinterbeinen mit der Nase am Tablett neben dem Kellner her. Es war wohlriechendes Reisfleisch, serviert auf Porzellan. Wie es sich gehört mit der silbernen Abdeckglocke. Das Erlebnis war die 20,- DM wert. Für ein Hundemenü! 

Weitere Ausflüge führten uns an den Gardasee, den Fernsee bei Reutte in Tirol und andere Nahziele. Bis wir uns an die Ursprünge erinnerten.

 

Ein Paradies für Mensch und Hund
Ein Paradies für Mensch und Hund

Wieder in Koversada

Lange waren wir nicht dort gewesen. Die schlichten Ferienunterkünfte dort hatten uns nicht gelockt und die Hotels anderswo waren auch besser. Jetzt aber hatten wir einen Wohnwagen, unser eigenes Ferienhaus. Außerdem war unsere von früher gewohnte Urlaubskleidung wie geschaffen für das Campingleben. Weil wir mit eigenem Wassertank und Toilette schon fast autark waren, stellten wir uns einfach allein auf eine Wiese in dem riesigen Gelände. Unser Stromkabel war lang  genug. Wir mussten nicht unbedingt ans Meer, wo all die anderen standen. Ich hatte meine Bücher, Willi konnte nach Herzenslust herumtollen und Monika konnte herumwandern oder zum Strand gehen. Wir hatten freien Blick auf Vrsar. Wenn nachts der Mond hinter dem malerischen Kirchturm aufstieg, hatte das schon etwas Besonderes. Je nach Appetit konnten wir unter verschiedenen Restaurants im Gelände wählen. Natürlich machten wir Ausflüge in die umliegenden Städte und besuchten wieder unsere Lieblingsrestaurants am Hafen. Wir hatten ja unser Auto dabei und waren unabhängig. Im folgenden Jahr wurden wir auf einen Platz in Koversada aufmerksam, der einen eigenen Wasser- und  Abwasseranschluss hatte. Auf einer Wiese, neben einer Art Pinienwäldchen. Dahinter Macchiadickicht. Nah an unserem Lieblingsrestaurant, der Strand nicht weit, trotzdem allein. Wir bauten uns dort auf und reservierten den Platz gleich für das nächste Jahr. Schöner ging es kaum. Wenn nur das blöde Chemieklo nicht wäre! Alle zwei bis drei Tage die Ekeltour zum versifften Becken, wo viele Camper ihre unappetitlichen Hinterlassenschaften entsorgten. Kaum sauber gemacht, schon wieder alles vollgesaut. Ohne diesen Makel wäre alles perfekt gewesen. Auch so war das für uns die schönste Art, Urlaub zu machen. Der Hund roch danach immer noch lange nach den Rosmarinsträuchern, die „unser“ Grundstück umsäumten. Das war wirklich Urlaub pur für alle Beteiligten! Die Entfernung von München war gerade so, dass wir auch zu verlängerten Wochenenden mal eben hinfahren konnten. Wozu ist man selbstständig? Irgendwann fragten wir uns, warum wir eigentlich den Wohnwagen immer hin- und herziehen. Wir fuhren ja doch immer hierher. Die Ganzjahresgebühr war erschwinglich, also ließen wir den Wagen von nun an stehen und kamen dafür öfter. Später empfahlen uns „Nachbarn“, die es ähnlich machten, mit Ivan zu sprechen, einem alten Bauern, der unmittelbar neben dem Gelände etwas Wein und Gemüse anbaute. Der hatte auf seinem Grundstück einen Winterstellplatz eingerichtet und bot an, den Wagen zum Saisonende abzuholen und im Frühling wieder an seinen Platz zu bringen. Das klappte prima und war deutlich billiger. Außerdem passte  er darauf auf und bot einige weitere Dienstleistungen an. Sein Wein allerdings war eher nicht genießbar. Wir hatten nun jahrelang ein festes Ausflugs- und Urlaubsziel. Eine Unterbrechung gab es während des Krieges zwischen Kroatien und Serbien. Da waren Reisen in die Gegend nicht so angesagt. Wir wurden aber regelmäßig informiert, dass alles in Ordnung war. Nach dem Krieg ging es wie gewohnt weiter. Nur, dass wir plötzlich eine weitere Grenze überqueren mussten. Zwischen Slowenien und Kroatien. War aber unkompliziert. Allerdings waren die Warenregale, die zuvor schon eher westlich gefüllt gewesen waren, plötzlich wieder fast sozialistisch einheitlich. So ein Krieg ist eben teuer! 

Ich hatte inzwischen, 1996, begonnen, Häuser in Spanien zu verkaufen, und kam nun nicht mehr so häufig dazu, unseren Wohnwagen zu besuchen. Einmal allerdings musste es sein. Ivan rief mitten im Winter an. Es hatte ein Gewitter gegeben und der Wohnwagen, der neben unserem abgestellt war, war vom Blitz getroffen worden und abgebrannt. Er habe zwar aus unserem Wagen gerade noch die Gasflaschen herausholen können, aber die Front sei geschmolzen. Also fuhren wir ausnahmsweise einmal im Februar an unseren Lieblingsort. Töter kann eine Hose nicht sein. Wir fanden mit Mühe in Porec ein Hotel. Der Rezeptionist erlaubte mir auf Nachfrage, „einen kleinen Hund“ mitzubringen. Als wir dann mit Willi kamen wirkte er etwas überfordert. Auf mein „Ich finde den klein, ich bin viel größer!“ zuckte er die Schulter und alles war geregelt. Nun hatte ich viel zu messen und zu fotografieren. Die komplette Front, Flaschenkasten, Klappe, Seitenteile geschmolzen, Frontblech bis zum Dach verkokelt. Wieder zuhause ging ich zum LMC-Händler und bestellte die Ersatzteile, Blech, Isoliermaterial, Dichtmittel, Schrauben, Nieten, und kaufte das passende Werkzeug. Im Frühsommer ging es wieder hin. Wir konnten ja drin wohnen. Diesmal kam ich nicht zum Lesen. Ich reparierte. Bei den vielen Stunden auf dem Dach holte ich mir den Sonnenbrand meines Lebens. Wenigstens nahtlos. Am Ende sah der Wagen aus wie neu. Alles dicht! Nur der Ansatz am Dach war sichtbar. Wenn es sein muss, kann ich auch reparieren.

 

Zur Not kann man sogar hier leben.
Zur Not kann man sogar hier leben.

Verkauf und Umzug nach Spanien

Seit April 1996 war ich ja nun mit dem Verkauf von Häusern in Spanien beschäftigt. Da blieb nicht allzuviel Zeit für Istrien. Ivan fand einen Käufer für den Wohnwagen, die Wirtin unseres Lieblingsrestaurants führte quasi treuhänderisch die Übergabe von Geld und Papieren durch, Ivan die Übergabe des Wohnwagens. Der Preis war in Ordnung. Alles klappte prima. Im November 1999 hatte Monika die Idee, in Denia zu überwintern. Anfang Dezember fuhren wir mit vollgepacktem Auto, inzwischen ein BMW 730i, nach Denia. Der Versuch war erfolgreich. Monika blieb da und ich kam dazu. Das ist eine andere Geschichte. Zunächst waren wir in Miete, seit 14 Jahren leben wir im eigenen Haus. Nach unseren Wünschen geplant, gut ausgestattet, Pool, Palmen. Man kann es aushalten.

Unser Haus im Wald, Benni bewacht den Eingang.
Unser Haus im Wald, Benni bewacht den Eingang.

Neuer Anlauf zum Camping

Nun ist es ja so, dass man sich an alles gewöhnen kann. Selbst an das Leben im Paradies. Immer nur Urlaub zuhause wird irgendwann langweilig. Nach den katastrophalen Folgen der Finanzkrise, auch für mein Geschäft, hatte ich 2011 begonnen, ein Betreutes Wohnen für Senioren zu betreiben. Auch da gab und gibt es viele Widrigkeiten zu überwinden. Dank hervorragender Mitarbeiter bin ich inzwischen allerdings vom Alltagsgeschäft weitgehend entlastet. Unser Produkt hat einen ausgezeichneten Ruf und ist inzwischen fest etabliert. Ganz nebenher bin ich mit 69 Jahren mittlerweile stabil im Rentenalter, aber nicht in Rente. Da ist etwas mehr Freizeit ja nicht unanständig. Von 2013 bis 2018 hatten wir jeden Sommer für einige Wochen ein Ferienhaus in Euronat an der französischen Atlantikküste  gemietet. Unweit von dem Platz, den wir schon 1989 kennengelernt hatten. Euronat ist eine der größten Naturistenanlagen Europas mit einem großen Einkaufszentrum und vielen verschiedenen Restaurants. Es gibt natürlich eine große Schwimmbadanlage mit Hallen- und Freibad, eine anerkannte Thalassotherapieeinrichtung mit Massagen, Gymnastik und einem umfassenden Beauty- und Therapieangebot. Kulturzentrum, Tennisplätze, Reiten, Fahrradverleih ... Die Anlage liegt überwiegend im Wald und ist in verschiedene Wohngebiete aufgeteilt. Es gibt Viertel mit individuellen Villen (auch wirklichen Villen!), kleineren Ferienhäusern, wie wie eines gemietet haben, Mobilheimen, Zelt- und Wohnwagen-/Wohnmobilbereiche. Im Sommer mit der Einwohnerzahl einer Kleinstadt. Das alles direkt am unendlichen Sandstand der Atlantikküste entlang. Auch Bereiche ohne jede Bebauung mit Wander- und Radwegen. Besonders wichtig für unseren unvergessenen Benni war der kilometerlange, gepflegte Hundestrand. Weil das ein sehr schöner Strandabschnitt ist und es Spaß macht, den Hunden beim Spielen zuzuschauen, kommen auch viele Leute ohne Hund dorthin. Platz ist ja reichlich vorhanden. Der Strand wird regelmäßig gereinigt und die Hundebesitzer sind überwiegend sehr vernünftig. Sensationell auch der Bäckerladen, wo es jeden Tag eine unglaubliche Vielfalt an tagesfrischen Backwaren gibt. Direkt in der eigenen Backstube hergestellt. Keine aufgebackene Industrieware! Gravierender Nachteil für uns war der Umstand, dass man das Ferienhaus jeweils schon im Dezember für den nächsten Sommer fest reservieren musste. Ohne zu wissen, wie das Wetter wird und, ob es geschäftlich gerade günstig ist. Tatsächlich mussten wir einmal nach wenigen Tagen abbrechen und wegen eines unaufschiebbaren Termins zurückfahren. Obwohl alles im Voraus bezahlt war. Natürlich ohne Erstattung. Das Haus ist nicht  luxuriös, aber OK. Aber auch nicht billig, zumal wir einen Großteil der Ausstattung jedes Mal mitbringen. Dem Campingleben nicht unähnlich. Trotzdem ein fremdes Bett. Nichts, was man so richtig selbst gestalten konnte. Nichts eigenes. Ende 2018 hätte wieder die Planung für den Sommer 2019 angestanden. Unklarheiten zur Katzengesundheit und zu geschäftlichen Notwendigkeiten verhinderten eine verlässliche Vorplanung. So blieb der Haupturlaub 2019 aus. Es gab eine sehr schöne Kurzreise im Mai zu Freunden an den Bodensee. Im September waren wir nach längerer Zeit mal wieder eine Woche in Vera Playa. Es gab unsere schon fast traditionelle Weihnachtsmarktreise, mal wieder nach München. Sonst passierte reisetechnisch nicht viel. 2020? Na ja. Mal sehen, was wird.

 

Campingträume und die Realität

Es ist ja nicht so, dass man nicht träumen dürfte. 50 Jahre Campingvergangenheit und der Drang nach Freiheit sind real. Nun sitzt man so da, sieht und liest Reiseberichte und lässt die eigenen Erlebnisse der vergangenen Jahrzehnte so Revue passieren. Bei allem Optimismus erscheint es nicht sicher, dass noch einmal 50 Jahre Reiseerlebnisse hinzukommen. Also stellt sich die Frage: Wann, wenn nicht jetzt? Wenn man nicht langfristig planen kann oder will, wäre es ja schön, schnell reagieren zu können. Packen, einsteigen und weg! Womit wir wieder beim Wohnmobil wären. Schon toll, diese Unabhängigkeit! Natürlich sollen alle Erfahrungen einfließen. Kassettenklo? Igitt! Also Tank, möglichst groß. Schwer! Mobilität heißt auch Autarkie. Batterien, Solar, Wasser, Fahrräder usw. Die Stärke des Wohnmobils liegt in der Reise. Unterwegs. Am festen Platz überwiegen die Nachteile. Also ein großes Wohnmobil. Über 3,5 Tonnen. Große Tanks, große Batterien. Mit Anhänger für ein Auto, um auch am Ziel mobil zu sein. Wieder die gleichen Überlegungen wie vor fast 35 Jahren. Motorroller und Hund geht nicht. Mit dem Alter wächst der Komfortanspruch. Das wird teuer! 200.000 Euro sind da schnell verplant. Lotterien erweisen sich als unzuverlässig. Unser Haus wollen wir auch nicht verkaufen. Also zurück auf den Teppich! Wie sieht es umgekehrt aus? Nicht Auto am Haus, sondern Haus am Auto. Wie autark ist eigentlich ein Wohnwagen? Wie reisen wir, was brauchen wir? Das Internet hilft bei der Recherche. Was kostet was? Wer hat welche Erfahrung womit? Wie kann man dieses Problem lösen? Es gibt Erfahrungsberichte über fast alles. Youtube-Videos zu allen Situationen, Lösungen und Problemen. Außerdem hatten wir ja schon umfassende Wohnwagenerfahrung. Auch der Markt für neue und gebrauchte Fahrzeuge ist transparent. Besser als heute konnte man sich noch nie informieren und vorbereiten. Ich habe schon immer viel gelesen, viel hinterfragt und recherchiert. So auch jetzt. Monatelang. Langsam aber sicher verdichteten sich die Vorstellungen und die Anpassung an die Realisierbarkeit.

 

Der Traum wird konkret

Bereits 1986 hatten wir festgestellt, dass ein Wohnwagen deutlich mehr Wohnraum bietet als ein Wohnmobil gleicher Länge. Weil er weniger Technik benötigt, kann er auch leichter sein. Wie aber sieht es mit der Autarkie aus? Was braucht man, wenn man am Stellplatz keinerlei Infrastruktur hat? Oder auf der Reise nur parkt? Wie reisen wir?

 

Schon eingebaut  –  Air Head-Trenntoilette
Schon eingebaut – Air Head-Trenntoilette

Toilette

Das Thema steht ganz am Anfang, weil es die unangenehmsten Erfahrungen unseres Campinglebens darstellt. Ein Scheißthema! Wir haben aber keinen Spaß daran, mitten in der Nacht, bei jedem Wetter, schlaftrunken über einen Platz zu taumeln, um ein stinkendes Gemeinschaftsklo aufzusuchen. Selbstverständlich gibt es gute Plätze mit vorbildlichen Sanitäranlagen. Aber nicht immer und überall! Kassettenklos scheiden aus (!). Große Wohnmobile haben große  Schwarzwassertanks. Auch mit denen muss man regelmäßig zum Entsorgen. Mit dem ganzen Mobil. Unsere Lösung: Trockentrenntoilette. Eine kleine Umstellung bei der Benutzung. Dabei fast so bequem wie die Toilette zuhause. Hygienisch, kein Gestank. Das Feste wird mit Kokosfasern vermischt und per Lüfter permanent getrocknet. Unsichtbar, unriechbar. Hermetisch verschlossen wie im Kassettentank, nur nicht flüssig und ohne Chemie. Alle paar Wochen kommt der Inhalt per Müllbeutel in den Müll oder direkt auf den Kompost. Das Intervall hängt von der Personenzahl und der Häufigkeit der Benutzung ab. Mindestens drei Wochen. Das Dünne kann in jeden Ausguss entleert werden. Alle ein bis drei Tage. Der Kanister ist leicht und unauffällig. Ohne Gestank. Vorsichtshalber haben wir gleich einen zweiten dazugekauft, falls es mal eng wird. Keine Wasserspülung. Reinigung mit Essig- oder Zitronenspray. Zigtausendfach erprobt und bewährt. Auch auf Yachten. Allerdings wird Strom für die Dauerlüftung gebraucht. Nicht viel aber dauernd.

 

Strom

Wieviel Strom braucht der Mensch? Wofür? Beleuchtung mit LEDs braucht sehr wenig Strom. Da käme man schon mit einer Taschenlampenbatterie eine Zeit lang zurecht. Die Wasserpumpe läuft mit Strom, ggf. auch die Klospülung. Auch nicht die Welt. Wollen wir ja sowieso nicht. Der Kühlschrank läuft autark mit Gas. Der Herd ebenfalls. In 50 Jahren Camping und Ferienhaus sind wir ohne Fernseher klargekommen. Das sollte also künftig auch gehen. Unsere Bluetooth-Lautsprecher kommen tagelang mit einer Akkuladung aus. iPhone und iPad können wir auch im Auto laden. Über Nacht reicht es dann. Außerdem ersetzen sie so gut wie jedes Unterhaltungsmedium. Die Heizung läuft mit Gas. Ggf. braucht die Umwälzpumpe bei Warmwasserheizung etwas Strom. Die Klimaanlage wird nur bei Landstrom aktiviert. Insgesamt sollte eine preisgünstige AGM-Batterie mit 80 AH locker für ein, zwei Tage ausreichen. Diese würde während der Fahrt per Ladebooster über das Zugfahrzeug geladen. Per Landstrom sowieso. Zum Nachladen im Stand ohne Anschluss könnte eine kleine Solaranlage schon gut helfen.

 

Bad

Die Vorstellung, neben grunzenden Typen im Waschhaus zu stehen und die Zähne zu putzen, hat uns noch nie behagt. Deshalb brauchen wir ein ordentliches Waschbecken und Wasser an Bord. Wie erwähnt, die Zeltlageratmosphäre mit Jogginganzug und Bademantel war nie unsere Welt. Deshalb wäre auch eine Dusche schön. Ordentlich abtrennbar, damit man nicht nach Gebrauch das ganze Bad einschließlich Toilette trocknen muss. Das braucht Platz. Also ein großes Bad mit separater Dusche! Im Sommer duschen wir, wenn möglich, draußen.

 

Wasser

Wasser sollte auf jeden Fall an Bord sein. Da die Toilette keine Wasserspülung hat, bleibt mehr Wasser für andere Zwecke. Auch für die Dusche. Nachfüllen kann man entweder per Schlauch oder Gießkanne. Das geht an jeder Tankstelle. Auf dem Campingplatz ist meist auch ein fester Wasseranschluss und sogar Abwasseranschluss möglich. Wir wohnen seit 20 Jahren in Spanien. In dieser Zeit kam meistens Trinkwasser aus der Leitung. Meistens. Manchmal konnten wir in der Zeitung lesen, dass es in der vergangenen Woche irgendeine Störung gegeben hatte und einige Tage eben kein Trinkwasser aus der Leitung gekommen war. Zu denken gab uns auch die Beobachtung, dass unsere Katzen lieber das Wasser aus unserem Pool tranken als das frischgezapfte Leitungswasser. Unser Poolwasser wird ständig gefiltert und enthält weniger Chlor. Unsere Katzen ziehen es dem Leitungswasser vor.  Daher trinken wir ausschließlich Wasser aus der Flasche. In Deutschland wäre es wohl anders aber dort sind wir ja nicht. Wir haben immer Trinkwasser in Flaschen für mindestens zwei Wochen im Haus. Warum soll es im Wohnwagen anders sein? Für Notfälle haben wir einen Katadyn Vario Wasserfilter, mit dem wir bis zu 2.000 Liter Trinkwasser sogar aus Pfützen filtern können.

 

Abwasser

Wenn die Toilette keine Wasserspülung und keinen Schwarzwassertank hat, fällt das Thema schon mal weg. Es gibt nur Grauwasser, das in jedem Ausguss entsorgt werden kann. Dafür hat man einen rollbaren Tank dabei, der einfach unter den Abfluss gestellt wird. Wohnmobile haben üblicherweise fest eingebaute Abwassertanks. Damit muss man eben auch zur Dumping-Station fahren. Mit dem gesamten "Mobil". Deshalb sieht man viele Benutzer großer Wohnmobile den Rolltank unterstellen, um nicht so oft zur Entsorgung zu müssen. Viele Campingplätze haben inzwischen neben dem Wasser- und Stromanschluss am Stellplatz ebenfalls Abwassereinlässe.

 

Heizen und Kochen

Beim Camping klassische Gasthemen. Eine komfortable Warmwasserheizung mit Fußbodenerwärmung ist inzwischen Standard im gehobenen Segment. Ebenso ein Warmwasserboiler mit ordentlichem Vorrat für die Dusche. Mit zweimal 11 KG Gasflaschen, Duomatic und Crashsensor ist der Gasbetrieb während der Fahrt möglich und erlaubt. Der Gasvorrat reicht im Sommer locker für einen ganzen Urlaub oder länger. Auch mit Kühlschrank, wenn kein Landstrom verfügbar ist. Gekocht wird sowieso mit Gas. Die Kaffeemaschine ist dem Stellplatz mit Stromanschluss vorbehalten. Unterwegs ist ein klassischer Filterkaffee mit Porzellanfilter, heißem Wasser aus dem Kessel und Isolierkanne auch nicht schlecht.

 

Fahrverhalten und Verkehrsvorschriften

Wie erwähnt, sollte auf jeden Fall ein unabhängig zu bewegender PKW dabei sein. Entweder vorne oder hinten dran. Für die Fahrt ist es nicht so wesentlich, ob das kürzere Teil vorne oder hinten ist. Moderne Wohnwagen verfügen über eine Antischlingerkupplung und sogar ein elektronisches Stabilisierungs-System. Unser aktuelles Zugfahrzeug, ein Touareg, hat ein Leergewicht von über 2 Tonnen und eine Zuladung von über 700 kg. Die bewegt der mit 245 PS und einem Drehmoment von 550 Nm, die er per Allradantrieb auf die Straße bringt. Wenn hinten noch 2 Tonnen dranhängen, ist das Gespann gegenüber der Mehrzahl der Wohnmobile alles andere als untermotorisiert. Das Rangieren ist etwas anspruchsvoller, aber auch nur, wenn am WoMo kein Anhänger hängt. Dann ist es auch mit dem Wohnmobil etwas mühsam.  Für den Wohnwagen selbst gibt es sehr praktische Rangierhilfen, Mover (Marke von Truma) genannt. Damit kann man den Wohnwagen per Fernbedienung mühelos millimetergenau rangieren. Strom dafür kommt aus der Aufbaubatterie. Auf Parkplätzen und Raststätten ist es mit dem WoWa nicht ganz so einfach wie mit dem WoMo. Man kann nicht einfach nach hinten gehen, sondern muss aussteigen und hinten wieder einsteigen. Evtl. eine Stütze ausfahren. Die Verkehrsvorschriften sind identisch. Auch für Übernachtungen. Allerdings gibt es Wohnmobilstellplätze, die keine Wohnwagen zulassen. Wohnwagen gelten landläufig als weniger autark. Ist wohl auch oft so. Allerdings gilt das auch für viele Wohnmobile. Bei WoMos über 3,5 to gelten die gleichen Geschwindigkeitsbegrenzungen wie bei Wohnwagen. Insofern gibt es bei der Reisegeschwindigkeit kaum Unterschiede.

 

Er wartet auf uns
Er wartet auf uns

Der richtige Wohnwagen

Reiche Leute haben es leicht. Die suchen sich das beste Modell des besten Herstellers aus, konfigurieren die Extras und kaufen das perfekte Produkt. Wir sind nicht reich. Unser Weg ist etwas mühsamer. Aber es macht Spaß. Zudem wir nicht unseren Lebensmittelpunkt in unsere mobile Unterkunft verlegen wollten. Wir leben ja schon am Mittelmeer und haben ein Haus mit Pool und Palmen. Dazu haben wir Katzen und ich ein Geschäft. Beide Aspekte sorgen dafür, dass unsere Reisen nicht zu lang werden. Ich erwähnte schon, dass ich gern recherchiere und etwas Übung darin habe. Unsere Vorstellung vom idealen Wohnwagen war klar:

Der gesuchte Wohnwagen sollte neu oder nicht zu alt sein und dem heutigen Stand der Technik entsprechen. Zu klein sollte er auch nicht sein. Zwei ausreichend große Einzelbetten, geräumiges Bad mit separater Dusche und der Möglichkeit, eine Trenntoilette einzubauen. Eine vernünftige Sitzgruppe versteht sich von selbst. Polster und alles textile kann man problemlos auswechseln. Über Ausstattungen habe ich mich ja schon ausgelassen. Nun musste nur noch das richtige Teil gefunden werden. Es stellte sich heraus, dass der Gebrauchtmarkt in Spanien entweder kleine Sparwagen oder Bettenmonster für Großfamilien hergab. Auch Neuwagen in der von uns gewünschten Art waren in unserer Umgebung nicht besichtigungsfähig zu finden. In Deutschland gibt es ein wesentlich breiteres Angebot. Dort sitzen ja auch viele Hersteller. Nun hatten wir ja sehr spezielle Vorstellungen. Mir ist nicht klar, wie Leute zu zweit auf 1,3m schmalen und 1,8m kurzen Betten vernünftig schlafen können. Selbst bei den größten und geräumigsten Wohnwagen sind die Bäder oft derart mickrig, dass man zur Klobenutzung das Waschbecken hochklappen oder das WC aus einer Ecke herausdrehen muss. Selbst bei den absoluten Top-Modellen für 100.000 Euro ist die Kassettentoilette Standard. Dafür gibt es Ledersitze für die Sitzgruppe und Chromgriffe. Tatsächlich kristallisierten sich nur zwei Modelle heraus, die allen Anforderungen genügten, ein Tandemachser von Fendt und ein Einachser von Dethleffs. Nachdem der Fendt zwar größer und teurer war, aber sonst nicht fühlbar geräumiger oder komfortabler, konzentrierte sich die Suche auf den Dethleffs Nomad 560 RET. Einer der seltenen Grundrisse mit ausreichend großen Einzelbetten und einem Heckbad über die gesamte Wohnwagenbreite. Von dem Typ gab es einige Neuwagen mit unterschiedlicher Ausstattung und wenige junge Gebrauchtwagen. Wochenlange Suche in allen einschlägigen Internetportalen nach einem Wagen, der kurzfristig verfügbar war. Dann fand ich ihn. Genau das richtige Modell, passendes Baujahr, umfassende Ausstattung. Und das ist er:

 

Dethleffs Nomad Snow 560 RET Erstzulassung 09/2015

Das Sondermodell „Snow“ ist winterfest mit Alde Warmwasserheizung mit Fußbodenerwärmung, XPS- statt Styroporisolierung Außenhaut Glattblech Silber statt Hammerschlag Elfenbein. Antischlingerkupplung und elektronisches Stabilisierungs-System, Tempo 100-Zulassung. Gesamtlänge 8,18m, Aufbaulänge 6,75m bei 2,5m Breite. Größer als viele Hotelzimmer. Auflastung auf 2.000 kg. Damit hat er eine Zuladung von über 500 kg. Zusammen mit dem Touareg über 1,2 Tonnen! Das sollte für zwei Personen mit Hund, Ausstattung und Gepäck reichen. Zuggewicht knapp unter 5 Tonnen, Zuglänge rund 13 Meter. Einzelbetten 2 x 2,00m x 0,85m mit 7- Zonen Kaltschaummatratzen, Klimaanlage warm/kalt, 80 AH AGM-Batterie, 90 Watt  Solarpanel, 175l Kühlschrank mit separatem Gefrierfach, Jehnert Soundanlage, Fernseher mit DVD-USB-Player und AUX-Eingang für Bluetooth-Verbindung zum iPhone und iPad. LED-Beleuchtung und USB-Steckdosen zum Laden von iPad und iPhone. Gas-Außenanschluss für Gasgrill, City-Wasseranschluss, Truma Duomatic mit Crashsensor für  Gasbetrieb während der Fahrt. Warmwasserboiler, elektrischer Handtuchtrockner. Fehlt noch etwas?

Gekauft, bezahlt und fertig zur Abholung!

 

Um unsere Wünsche vollständig zu befriedigen, wurde das Kassettenklo durch die schon zuvor beschriebene AirHead Trockentrenntoilette ersetzt, ein Thule Fahrradträger für zwei E-Bikes auf die Deichsel gesetzt und eine Reich Rangierhilfe installiert. Ergänzend haben wir gleich beim Händler das Isabella Sonnenvordach mit Carbongestänge geordert. Mit der Marke hatten wir schon bei unserem LMC beste Erfahrungen gemacht. Ein Vorzelt wollten wir nie. Natürlich noch die Bigfoot Stützenfüße und die Diebstahlsicherung sowohl für den angehängten, wie auch für den abgehängten Wohnwagen. Die weitere Ausstattung, Küchenutensilien usw., steht hier bereit. Direkt nach der Abholung geht es zum Polsterer für die Erneuerung der kompletten Textilausstattung. Alles schon arrangiert. In der Nähe von Kaiserslautern. Die Firma ist Erstausstatter u.a. für Carthago. Wir liebäugeln mit komplett neuer Lederpolsterung. Da wir keine Umbaumöglichkeit der Sitzgruppe zum Bett vorhaben, darf die Polsterung ruhig üppig und bequem sein. Dazu moderne Fensterdekoration statt der altmodischen Plüschgardinen. 

Eigentlich könnten wir das schöne Stück jetzt abholen und schon auf der Fahrt unsere Freude daran haben. Wenn da nicht 2.000 km und ganz ganz viele klitzekleine Tierchen wären. Coronaviren! Da haben noch die Regierungen von Spanien, Frankreich und Deutschland einige Entscheidungen zu treffen. Ausreise, Durchreise, Einreise. Zweimal. An uns soll es nicht liegen. Jetzt heißt es warten. Aber dann ...!

 

Harald Wolff, Els Poblets, im April 2020

 

To be continued ...